: Prodi setzt sich in die Nesseln
EU-Kommissionschef empfängt Togos Präsident trotz Abbruchs der Beziehungen
BRÜSSEL taz ■ Die EU-Kommission beschrieb es als „Privatbesuch“ und auf der offiziellen Tagesordnung war das Ereignis nicht zu finden: Das Treffen zwischen EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und dem Präsidenten von Togo, Gnassingbé Eyadema, am Montag im Amtssitz der EU-Kommission in Brüssel. Die EU-Zusammenarbeit mit dem westafrikanischen Land ist eigentlich seit 1993 wegen mangelnder Fortschritte bei der Demokratisierung eingefroren.
Der Zeitpunkt war pikant. Erst Anfang dieses Monats strich die EU ihre Gelder für den Dialog zwischen Staatsmacht und Opposition in Togo, weil die Regierung zu Jahresbeginn die unabhängige Wahlkommission in Togo aufgelöst hat. In ihren Erklärungen äußert sich die EU über die Lage in Togo „sehr besorgt“. Als im Jahr 2000 in der togoischen Hauptstadt Lomé die Erneuerung der „Lomé-Verträge“ über die Zusammenarbeit mit den ehemaligen europäischen Kolonien in Afrika, der Karibik und dem Pazifik (AKP-Staaten), anstand, wurde der Gipfel nach Benin verlegt, und die neuen AKP-Verträge heißen nun „Cotonou-Verträge“.
Prodi hat sich gegenüber Eyadema jetzt offenbar nicht von der offiziellen EU-Haltung entfernt. Er verlangte von seinem Gast, „schnell demokratische Wahlen zu organisieren“, auf der Grundlage bestehender Vereinbarungen mit der Opposition, zu denen die Existenz einer unabhängigen Wahlkommission gehört. Von einer Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe sei keine Rede gewesen, heißt es in Prodis Umfeld. Doch Eyadema selbst hat aus dem Gespräch Kapital geschlagen. Togos Außenminister Koffi Panou sagte, der Empfang sei „ein diplomatischer Durchbruch“.
Eyademas Besuch bei Prodi erfolgte nach einem Besuch bei seinem Freund und Amtskollegen Jacques Chirac, der offenbar den EU-Chef bat, seinen Gast zu übernehmen. Togoische Oppositionelle fragen sich, wieso Prodi das gemacht hat, wenn er dem Präsidenten nur sagte, was ohnehin Beschlusslage ist. 200 von ihnen kamen aus mehreren europäischen Ländern, um gegen den Besuch zu demonstrieren.
EU-Beamte sind pikiert über Prodis Alleingang. „Es ist, als hätte Prodi versucht, Pinochet im Gefängnis zu besuchen“, sagt einer. Die EU-Staaten wurden nicht konsultiert, die zuständigen EU-Kommissare nicht formell einbezogen. Schon zu Beginn seines Mandats hatte Prodi sich ähnlich in die Nesseln gesetzt, als er den libyschen Revolutionsführer Muammar Gaddafi per Telefon nach Brüssel einladen wollte. FRANÇOIS MISSER
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