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Ein deutsches Schallplattenlabel

Die Geschichte von Polydor geht bis auf das Jahr 1898 zurück – fast zeitgleich mit der Einführung des künstlichen Lichts mit Hilfe von Elektrizität wurde Musik in geritzten Matrizen gespeichert. Firmengründer war der in die USA ausgewanderte Emil Berliner, der vom Firmensitz der Gramophone Company in London eine Filiale für die Matrizenpressung in Hannover etablieren ließ.

Unterhaltungsmusik fand zunächst keine Berücksichtigung im Repertoire, favorisiert wurden eindeutig Aufnahmen aus dem Bereich der klassischen Musik. 1903 wurden im Hannoveraner Werk 25.000 Schallplatten gepresst. 1925 führte eine technische Verbesserung zur weiteren Popularisierung dieses neuen Mediums: Mikrofon und Verstärker machten die Tonqualität der Schallplatten viel genießbarer – und damit einsetzbar auf öffentlichen Veranstaltungen.

1932 lag die Jahresproduktion bei 2,5 Millionen Stück. 1933 beginnt der Niedergang des Unternehmens. Nach der NS-Machtübernahme verlässt das Gros der (jüdischen) Künstler und leitenden Angestellten das Unternehmen. 1942 wird der Deutschen Grammophon (zu der die Polydor gehörte) verboten, Musik von jüdischen KünstlerInnen zu veröffentlichen.

Mit einem neuen Label beginnt nach dem Krieg die Renaissance der Polydor: Das gelbe Label signalisiert der Kundschaft nun klassische Musik, Aufnahmen alter Musik erscheinen in Silberblau – und das Marktsegment der Unterhaltungsmusik findet sein Erkennungszeichen in einem von einem Sternenhimmel verzierten Orange.

Die Marke, die zum ästhetischen Inventar der Wirtschaftswunderjahre werden konnte, hatte schließlich fast alle prominenten Sänger, Sängerinnen und Bands unter Vertrag: Abba, Peter Alexander, Nino de Angelo, die Bee Gees, Roy Black, Connie Francis, James Last, Peter Kraus, Mina, Wencke Myhre, Freddy Quinn, die Rubettes, Matthias Reim, Margot Eskens, Bill Haley, Caterina Valente oder Bill Ramsey. Die Beatles wollte sich das Unternehmen nicht leisten, die Rolling Stones waren den Firmenbossen der Polydor ebenfalls stets zu teuer.

Die Polydor war immer ein multinationales Unternehmen, außer während der Naziära. Mittlerweile befindet sich das Label unter dem Dach der Universal Music – eines Unternehmens, das 1999 von einem französischen Mischkonzern gekauft wurde.

Literatur und Musik: Bettina Greve: Sternenhimmel – Chronik einer deutschen Schallplattenmarke, Hannibal, Planegg 2001, 268 Seiten, 40 Euro; Manfred Günther & Günter Lotz: Die Polydor-Singles Deutschland, 1953 bis 1970, Bear Family, Vollersode 2001, 302 Seiten, 25,23 Euro; Polydor – Die Sinfonie der Sterne, Bear Family, Vollersode 2001, 8 CDs + 194-Seiten-Booklet, 168,73 Euro JAF

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