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Schlichtes Gemüt

Schill-Abgeordneter bestreitet vor Gericht fremdenfeindliche Äußerungen

Beweisthema: Eine Äußerung, die vor 13 Jahren gefallen sein soll. Es geht um Erinnerung, um die Vergangenheit – und um das Ansehen eines Mannes, der heute in der Hamburger Politik eine führende Rolle innehat: Norbert Frühauf, Fraktionschef der Schill-Partei, soll 1989 als Student vor SeminarteilnehmerInnen geäußert haben, er könne „Hitler wegen der Juden verstehen: Mir wird körperlich unwohl, wenn im Supermarkt ein Türke hinter und ein Pole vor mir steht.“ Das wirft ihm die Kommilitonin und heutige Rechtsanwältin Christiane Yüksel vor. Die Mopo hatte darüber im September berichtet. Frühauf hatte auf Unterlassung geklagt. Gestern verhandelte das Landgericht.

Frühauf ist sich keiner Schuld bewusst. Zu Fremdenfeindlichkeit würden gebildete Menschen nicht neigen, doziert der Schill-Abgeordnete. Nur bei Menschen „mit sehr schlichtem Gemüt“ würde „Überfremdung“ durch Ausländer Angst erzeugen. Diese Auffassung habe er auch in dem Seminar vertreten. Als Beispiel für ein solch „schlichtes Gemüt“ habe er dann Hitler genannt.

Karl Schachtschneider, der als Entlastungszeuge geladene Professor des Seminars, behauptet zunächst mit Vehemenz, dass die inkriminerte Äußerung auf keinen Fall gefallen sei. Sonst hätte er selbstverständlich eingegriffen. Yüksel hatte berichtet, ihrem Professor in einem Brief vorgeworfen zu haben, dass er gerade das nicht tat.

Zum Inhalt der damaligen Auseinandersetzung, sagt der Professor, „kann ich keinen Satz mehr sagen“. Vorigen Oktober hingegen hatte er in einer eidesstattlichen Versicherung erklärt, die Diskussion sei über das Bekenntnis eines Studenten entfacht worden, die Republikaner zu wählen. Zu dem Widerspruch der Entlastungszeuge: „Man äußert sich sonst auch zu gleichen Dingen jeden Tag anders.“ Und: „Frühauf steht noch heute auf meiner Doktorandenliste. Ich hoffe, dass es noch zur Promotion kommt“. Elke Spanner

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