: Belfast erreicht Münster (Westf.)
Protest gegen die Stationierung zweier Soldaten, die wegen Mordes an einem unbewaffneten Iren verurteilt wurden
MÜNSTER taz ■ Zwei britische Soldaten, die in Münster stationiert sind, beschäftigen derzeit unter anderem das Bundestagsmitglied Winfried Nachtwei. Der Grünen-Abgeordnete aus Münster schrieb an die deutsche Regierung und den britischen Botschafter: Es sei „keineswegs eine ‚innere Angelegenheit‘ der britischen Streitkräfte“, dass „zwei rechtskräftig verurteilte Mörder in Deutschland dienen“. Wie auch amnesty international und – einstimmig – das irische Parlament verlangt Nachtwei eine Entlassung der Soldaten.
1992 erschossen die beiden Angehörigen der „Scots Guards“ in Belfast hinterrücks den 18-jährigen Peter McBride, nachdem er vorher in einer Polizeisperre bereits auf Waffen kontrolliert worden war. Das brachte ihnen 1995 eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes ein. Eine Revision durch das britische Oberhaus wurde nicht zugelassen. Mitte 1998 verfügte London die vorzeitige Entlassung.
Im Rahmen des nordirischen Friedensprozesses sind zwar zwischen 1998 und 2001 verurteilte Mörder aller Seiten aus den Gefängnissen Nordirlands freigekommen. Damit hatte aber die Entlassung der beiden Soldaten nichts zu tun. Sie erfolgte vorher, und zwar nach entsprechenden Kampagnen der rechten Presse und des militärischen Establishments Großbritanniens. Nach kurzer Stationierung im Kosovo versehen die beiden seit 1999 ihren Dienst bei den „Irish Guards“ in Münster.
Nach britischem Armeerecht müssen Soldaten, die vor einem Zivilgericht verurteilt wurden, unverzüglich die Truppe verlassen – auch in Bagatellfällen wie Drogenbesitz oder Unfallflucht, Fußball-Hooliganismus und sogar bei Homosexualität. Rund 5.000 Soldaten sollen so zwischen 1987 und 1997 gefeuert worden sein. Nur bei „außergewöhnlichen Umständen“ können Rauswürfe rückgängig gemacht werden.
In Münster hat nun das „Pat Finucane Center“ (PFC) aus Derry Station gemacht, um über den Fall zu informieren und „moralischen Druck auszuüben“. PFC-Mitglied Paul O’Connor erklärt, der McBride-Fall zeige nur die Normalität britischer Nordirland-Politik. Die Mörder Peter McBrides gehörten zu den vier Soldaten, die überhaupt je wegen Mordes in Nordirland verurteilt wurden. Alle vier kamen nach wenigen Jahren frei und blieben in der Armee.
In 300 Fällen wurden zwischen 1970 und 1992 NordIrinnen von britischen Soldaten getötet. Der Untersuchungsausschuss zum „Bloody Sunday“, dem Tag, an dem 1972 die britische Armee 14 unbewaffnete Menschen erschoss, förderte ein Geheimdokument zu Tage, in dem Polizei und Armee in Nordirland vereinbart hatten, in solchen Fällen nicht zu ermitteln.
Laut O’Connor haben deutsche PolitikerInnen keine rechtliche Handhabe. Sie könnten aber, fordert er, „deutlich machen: Wir wollen keine verurteilten Mörder als bewaffnete Soldaten hier“.
Das „Britische Unterstützungskommando in Deutschland“ mit Sitz in Mönchengladbach bleibt verhalten: Es sei „schon verständlich, dass so etwas als ungerecht empfunden“ werde, so eine Sprecherin. Gerichtsurteilen jedoch „müssen wir uns – beide Seiten – beugen“.
Zwei britische Militärausschüsse hatten höchst umstritten für den Verbleib der Täter in der Armee votiert. Dagegen läuft demnächst der dritte Einspruch vorm Hohen Gerichtshof in Belfast. Paul O’Connor dazu: „Für den nordirischen Friedensprozess wäre eine unehrenhafte Entlassung ein wichtiges Zeichen.“ Sie durchbräche „eine Kultur der Immunität für Soldaten“. MARCUS TERMEER
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