: So’n richtig schönes Post-Gefühl
Bruno Setola vom niederländischen Studio Dumbar berichtete im Rahmen der Mehrzweck-Vortragsreihe an der HfK aus der Champions League der Designkunst: Viele Bilder, darüber hinaus: nichts. Eine fachfremde Betrachtung
Logo? Logo! Der Niederländer als solcher ist im Grunde seines Herzens wahrlich Royalist. Sogar ein recht verschlurftes Exemplar wie Bruno Setola. Der steht hinter’m Pult und weiß erstmal auch nicht so richtig. Doch dann kommt er in Fahrt und erklärt schnell noch, wie man die niederländische Krone, also das Königshaus, davon hat überzeugen können, dass auf jener Krone, also aristokratischer Kopfschmuck – er zeigt auf ein Bild hinter seinem Rücken – nicht drei Diademe zu sehen sind, sondern deren fünf (wie sichtbar wird).
So muss es sein, spricht’s aus protokollarisch berufenem Adelsmund. Lacher. Das war jetzt vielleicht doch ein wenig verwirrend. Ein Bier bitte, nein, eines aus grüner Flasche… Also: Herr Setola hat einen schicken fünfzackigen Stern auf seinem T-Shirt und ist Designer. Er designt für das wohl wichtigste europäische Büro, das Studio Dumbar, und soll an der HfK etwas zum Thema „The Test of Time: corporate reorganization and renaming“ erzählen.
Tut er dann auch. Als Beispiel hat er die gestalterische Begleitung der Privatisierung der niederländischen Post in den vergangenen fünfzehn Jahren mitgebracht. Und weil im Niederländischen sich nur eine Firma ‚Koniglijk Soundso‘ nennen darf, die mehr als hundert Jahre Meriten in Sachen „Dienst am Allgemeinwohl“ gesammelt hat, wird auch die Krone, also das Königshaus, anekdotisch beleuchtet.
Das Studio Dumbar beherbergt richtig gute Designer und macht Projekte, die mitunter auch richtig schön anzusehende Ergebnisse zeitigen. Au fein! mag man denken, da kommt mal einer aus der Versenkung gestalterischer Arbeit hervor – und erzählt nicht nur wie man das macht, sondern auch, was das dann zu bedeuten hat.
Doch Pustekuchen! In anderthalb Stunden, viele Bilder. Keine Studien, keine Erklärung des Überlegungs- und Produktionsprozesses. Und schon gar kein Wort dazu, was Privatisierung, Branding und Corporate Design eben auch bedeuten. Nicht mal ein klitzekleines.
Dabei gäb’s doch – gerade wenn man sich zeitlich ausbreiten kann, gerade wenn man von einer Agentur kommt, die in den leidlich reflexiven 70ern gegründet wurde und sich nicht aus dem Herzen des Neoliberalismus zu speisen meint – das ein oder andere zu sagen. Dass der Run auf Marken, Logos und Corporate Identities nicht vom Himmel gefallen ist, beispielsweise. Über nämliches dürften sich die mehrheitlich das Auditorium ausmachenden Nachwuchsgestalter ruhig auch mal Gedanken machen.
Doch das nur am Rande… Wenn gemeinsam mit Marketing-Strategen und Raumdesignern die Postfach-Zonen umgestaltet werden, kann man’s toll finden, dass Form und Funktion hier so zueinander kommen, dass der einzelne Dienstleister statt eines Tages nur noch fünfzehn Minuten täglich zur Bearbeitung braucht. Und was ist mit dem Rest der Lebens- und Arbeitszeit? Gefüllt mit Vorfreude, dass man nach der Freisetzung die gewiss klasse durchgestylten Handbücher behalten darf?
Vielleicht wäre schlussendlich sogar in Sachen Weltrevolution noch was zu reißen – wenn’s optisch schön aufbereitet ist. Vielleicht. Andererseits kommt irgendwie alles wieder zu sich selbst: Das an russisches Avantgardedesign der 20er erinnernde Firmengeschirr ohne Logo, „but you can still see, it’s from the company“. Oder der Hugo Boss’sche Leitsatz „Don’t imitate, innovate“. Jedenfalls „a really nice post feeling“. Momentchen mal… Warum rauche ich eigentlich diese Zigaretten und nicht irgendwelche anderen… Tim Schomacker
Die Reihe wird im Herbst fortgesetzt. Infos: www.mehrzweck.net
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