Netzwerke für Aufklärung

Vertreter deutscher Organisationen wollen in Barcelona Aidsaktivisten auf regierungsunabhängiger Ebene vernetzen. Wenn diese denn einreisen dürfen

BERLIN taz ■ Das deutsche Interesse an der diesjährigen Welt-Aids-Konferenz ist groß. Nicht nur Vertreter der Deutschen Aids-Hilfe (DAH) sind nach Barcelona gereist. Auch eine stattliche Anzahl staatlicher Akteure nimmt teil: Die Bundesministerien für Gesundheit sowie für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, das Robert-Koch-Institut und die Kreditanstalt für Wiederaufbau sind mit je einer Delegation vertreten. Die deutsche Beteiligung an der letzten Welt-Aids-Konferenz vor zwei Jahren in Südafrika war bedeutend schwächer.

Die deutsche Delegation wird in Barcelona das tun, was auf solchen Konferenzen immer getan wird: reden, zuhören, erneut reden. „Wir wollen uns auf den neuesten Informationsstand bringen und mit den Kollegen aus anderen Ländern Erfahrungen austauschen“, umreißt Achim Weber von der DAH seine Erwartungen an die Konferenz. Noch ist unklar, ob Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) für einen Tag nach Barcelona fliegen wird.

Beim knapp einwöchigen Reden und Zuhören werden für die deutschen Teilnehmer drei Aspekte der Immunschwächekrankheit Aids im Vordergrund stehen: Prävention, Therapieansätze sowie die Stärkung der Community der HIV-Betroffenen.

Prävention ist die Domäne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Sie zeichnet für die großen Aids-Kampagnen im Deutschland der vergangenen fünfzehn Jahre verantwortlich. Mit beachtlichem Erfolg: Zwar infizieren sich hierzulande noch immer 2.000 Menschen im Jahr mit dem Virus, prozentual steht Deutschland damit aber erst an zwölfter Stelle der europäischen Länder.

Die hierzulande gemachten Erfahrungen will die BZgA in Barcelona weitergeben. Denn Prävention ist besonders in Entwicklungsländern dringend notwendig: „Die Bedingungen dort unterscheiden sich nicht extrem von denen bei uns“, ist BZgA-Direktorin Elisabeth Pott überzeugt, „vor fünfzehn Jahren durften wir in Deutschland auch noch nicht explizit auf Kondome hinweisen.“

Im Kampf um die knappen finanziellen Ressourcen droht die Aids-Prävention gegenüber der Therapie immer stärker ins Hintertreffen zu geraten. An der Koordination beider Aspekte arbeitet die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). In Kenia, Tansania und Uganda führt die GTZ ein Pilotprojekt durch, das die Gefahr der Übertragung des HI-Virus von Müttern auf ihre Kinder zu verringern sucht. Dabei kommen Medikamente zum Einsatz, gleichzeitig wird aber auch versucht, die Akzeptanz der Gesellschaft für aidskranke Mütter zu erhöhen.

Doch wichtig ist auch der Austausch unter HIV-Betroffenen, die Betreuung der Community. „Medizinische Studien vermögen das Leben von Menschen mit Aids nicht abzubilden“, betont Achim Weber von der DAH. Deshalb sei auch die Vernetzung der Betroffenen auf der Ebene regierungsunabhängiger Organisationen ein wichtiger Aspekt internationaler Konferenzen.

Das ist jedoch nur möglich, wenn die vom HI-Virus Betroffenen überhaupt in Barcelona teilnehmen können. Die Veranstalter der Konferenz werfen der spanischen Regierung vor, mehr als hundert Delegierten aus Entwicklungsländern die Einreise zu verweigern.

PHILIPP MÄDER