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„Ich kann nichts richtig“

Rolf Aldag (33), Radprofi beim Team Telekom, bestreitet seine achte Tour de France und hat sich längst damit abgefunden, dass er nie im Rampenlicht steht, sondern seine Rolle als Helfer ausfüllt

Interview SEBASTIAN MOLL

taz: Sie waren zum letzten Mal 1998 bei der Tour de France. Ist da jetzt wieder ein besonderes Kribbeln, obwohl dies jetzt schon Ihre achte Tour ist?

Rolf Aldag: Sicher ist es anders, als wenn ich jedes Jahr dabei gewesen wäre. Ich habe Respekt, aber keine Angst. Nach Paris zu kommen ist eigentlich kein Problem, wenn man gesund bleibt. Nervös ist man nur, weil man sich fragt, ob man die Form hat, über drei Wochen seine Aufgaben zu erfüllen.

Was ist in diesem Jahr Ihre Aufgabe?

Es ist sehr schwierig in diesem Jahr, weil Jan Ullrich nicht dabei ist. Wenn wir mit Jan gefahren sind und er das Trikot hatte, sind wir defensiv gefahren, da ging es beispielsweise darum, Ausreißergruppen zu verhindern. In diesem Jahr geht es um Etappensiege, da muss man Gruppen bilden, das ist eine kreative Aufgabe. Das bringt aber auch ein hohes Maß an Verantwortung mit sich. Wenn ich in einer 20-köpfigen Ausreißergruppe mitfahre und nachher 17. werde, während die Kollegen mir hinten den Rücken freihalten, dann muss ich mir abends schon ein paar Fragen gefallen lassen.

Glauben Sie, dass Sie eine Etappe gewinnen können?

Ich bin da nicht der Typ dafür, ich bin ein Helfer. Und ein guter Helfer muss mit der Einstellung in die Tour gehen, dass er komplett ohne eigene Ambitionen fährt. Ich kann alles ein bisschen, aber nichts richtig. Ich kann beim Sprint 20. werden, beim Zeitfahren 20. und in den Bergen 20. Dann sind zwar noch immer 140 hinter mir, aber eben auch 19 vor mir.

Wann haben Sie sich damit abgefunden, dass Sie kein Siegfahrer werden?

Ich bin 1991 Profi geworden, bei der Helvetia-Mannschaft damals. Das war eine chaotische Truppe, da sind wir nach dem Motto gefahren, wer kann, der kann. 1993 war dann das erste Telekom-Jahr, da waren die Rollen auch noch unklar. Doch dann hat sich Zabel zu einem so starken Fahrer entwickelt, dass es klar war, für wen wir fahren. 1995 kamen dann Riis und Ullrich, der Rest ist ja bekannt.

Sie sind außer Erik Zabel und Udo Bölts der einzige Fahrer, der noch von der Truppe übrig ist, die 1996 und 1997 die Tour gewonnen hat.

Das war damals eine einzigartige Situation. Wir waren ein gewachsenes Team, wir kannten uns in- und auswendig und haben uns blind verstanden. Wenn damals einer zurückgefallen ist, haben alle gesagt, die arme Sau, der ist echt am Ende. Wenn heute einer zurückfällt, argwöhnt man schon einmal, ob der sich nicht vielleicht schont. Fahrer wie die beiden Amerikaner Kevin Livingston und Bobby Julich sehe ich nur zwei Mal im Jahr, beim Mannschaftstreffen und bei der Tour. Aber das ist eine normale Entwicklung, wir sind jetzt einer der größten Rennställe. Da muss man professionell sein.

Wie haben Sie auf die Nachricht reagiert, dass Jan Ullrich nicht zur Tour de France fährt?

Ich war im Mai im Schwarzwald und habe mit ihm trainiert und ich habe gemerkt, wie sehr ihn die Situation mit seinem Knie belastet. Das Problem war das Hin und Her, einen Tag Hoffnung und dann wieder Schmerzen und so weiter, das hat ihn zermürbt. Jetzt steckt er in einer tiefen Lebenskrise, und ich wünsche ihm, dass er da wieder rauskommt. Der deutsche Radsport ist noch nicht so etabliert, dass er ohne Ullrich auskommt.

Wird das Ihre letzte Tour?

Ich sage niemals nie. Solange mir das noch Spaß macht, ich noch Geld dafür bekomme und ich meine Leistung bringe, mache ich weiter.

Wie würden Sie reagieren, wenn Sie keinenVertrag mehr bekommen?

Irgendwann ist einmal Schluss, das ist der Gang der Dinge. Als wir 22 waren, haben wir auch gedacht, jetzt fahren die alten Säcke uns da immer noch vor der Nase rum, obwohl wir genauso stark sind.

Haben Sie sich schon damit beschäftigt, was nach dem Radsport kommt?

Nein, nicht wirklich. Wer weiß heute schon, was er in fünf Jahren macht? Ich habe mich im vergangenen Jahr als Fernsehkommentator versucht, das hat mir Spaß gemacht, ich kann mir aber auch vorstellen, in der sportlichen Leitung einer Profi-Mannschaft zu arbeiten. Vielleicht ziehe ich mich auch auf meinen Bauernhof in Neubeckum zurück. Ich lasse das auf mich zukommen.

Werden Sie weiter Fahrrad fahren?

Auf jeden Fall. Ich handele mir immer Lacher von den Kollegen ein, wenn ich erzähle, dass ich mich darauf freue, nach der Saison nur zum Genuss Radtouren zu fahren. Die können erst mal keine Speichen mehr sehen, aber für mich ist das das Größte.

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