: Schily schneller als Schill
Innensenator Ronald Schills Schnäppchen von 500 billigen Jung-Polizistinnen aus Berlin entuppt sich als populistische Nullnummer und sorgt bundesweit für Spott
Hamburgs Innensenator Ronald Schill ist auf der Suche nach UniformträgerInnen erneut ein Schnäppchen durch die Lappen gegangen. 500 Nachwuchs-PolizistInnen wollte er dem bankrotten Berlin abnehmen und nach Absolvierung ihrer Ausbildung in Hamburg einsetzen. Doch daraus wird nichts: Berlins SPD-Innensenator Ehrhart Körting erklärte gestern: „Herr Schill kann in Berlin nicht wildern.“
Die Idee als solche klang pfiffig. Wer für einen Einsatz in Berlin-Kreuzberg ausgebildet wurde, ist auch in der Elbmetropole für den Polizeieinsatz geeignet. Daher gab es auch bei Schill kein Zögern, als vorgestern ein Brief aus Berlin eintraf mit dem Vorschlag, einen erleicherten Wechsel von Polizei zu Polizei zu ermöglichen. Und obwohl nur 400 PolizeischülerInnen überhaupt in Frage gekomme wären, orderte Schill schon mal 500 Uniformierte. Bei seiner Ankündigung nach der Wahl, PolizistInnen aus anderen Bundesländern abzuwerben, hatte der Rechtspopulist von seinen Amtskollegen noch die rote Karte gezeigt bekommen.
„Der Brief war ein wenig unglücklich und missversändlich formuliert,“ gibt Berlins Innenverwaltungsprecherin Henrike Morgenstern diplomatisch zu. Es gelte immer noch das Tabu, dass sich die Länderpolizeien nicht gegenseitig Beamte abwerben. Im besagten Schreiben sei es nur darum gegangen, die Tabu-Schwelle niedriger zu legen, wenn für einen Wechsel persönliche und familäre Gründe vorliegen. Die 400 PolizeischülerInnen, deren Übernahme sich die Hauptstadt nicht mehr leisten könne, hätten aber schon Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) als neuen Dienstherrn: „Es gibt eine Vereinbarung mit dem Bundesgrenzschutz, dass sie bereits während der Ausbildung übernommen werden.“
Die Idee Schills ist für Morgenstern total weltfremd. „Dann würde Berlin ja die Kosten für die Ausbildung tragen.“ Für Innenbehördensprecher Thomas Model ist das „letzte Wort noch nicht gesprochen“, laut SPD-Oppositionsführer Uwe Grund macht Schill mit der „peinlichen Falschmeldung“ Hamburg wieder mal „bundesweit zum Gespött“. KAI VON APPEN
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