: Afrika: Katastrophengebiet und Schatzkammer
Erster Bericht der UN über die Umwelt in Afrika: Mehr Luftverschmutzung, Ausdehnung der Wüsten, Artensterben, aber viele wertvolle Ressourcen. Der Kontinent verursacht wenig Treibhausgase, leidet aber schwer unter dem Klimawandel. Umweltminister und Unep fordern schnelle Hilfe
BERLIN taz ■ Die Vorhersagen sind düster: Die Luftverschmutzung in den afrikanischen Ländern wird steil ansteigen, das Wasser noch stärker als bisher verschmutzt sein. Die Wüsten werden sich ausbreiten, das wertvolle Ackerland verloren gehen, weitflächige Überschwemmungen wie 2000 in Mosambik werden häufiger, und weitere Tier- und Pflanzenarten werden aussterben. Dieses Szenario hat das UN-Umweltprogramm Unep jetzt vorgelegt. Tenor: „Über die nächsten Jahrzehnte werden Klimawandel, das Wachstum der Städte, die Verbreitung nicht einheimischer Arten und die Luftverschmutzung in den Städten dazu beitragen, die Armut, die Umweltzerstörung und die Ausbreitung von Krankheiten zu verschlimmern“.
Der Bericht „Africa Environment Outlook“ (AEO) ist der vollständigste Überblick über den Zustand der Umwelt in Afrika, der je erstellt wurde. Hunderte von Experten haben an dem Papier mitgearbeitet, das vergangene Woche bei der Konferenz der afrikanischen Umweltminister in Kampala vorgelegt wurde. Der Zeitpunkt für den Report ist günstig gewählt: Kurz vor dem UN-Gipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg Ende August und kurz nach Verkündigung der Nepad-Initiative zur wirtschaftlichen Entwicklung des Kontinents hofft die Unep auf höhere Aufmerksamkeit. Unep-Chef Klaus Töpfer betonte, „die richtigen Entscheidungen brauchen die richtigen Fakten. Die Welt sollte sie zur Kenntnis nehmen und endlich für den Kontinent verantwortbaren Wohlstand schaffen.“
Gründe für die Belastung der natürlichen Grundlagen sind den Unep-Experten zufolge vor allem das Bevölkerungswachstum, Kriege, die Staatsverschuldung, Naturkatastrophen und Krankheiten. Doch auch die externen Bedrohungen wie der Klimawandel werden genannt: So ist seit 1968 die Niederschlagsmenge in Afrika zurückgegangen – möglicherweise eine Folge der Klimaerwärmung und mit schweren Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Auch legten die Fakten nahe, dass Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Dürren zunehmen. Uganda etwa verlor 1997 bei Rekordunwettern 40 Prozent seines Straßennetzes. Die Experten sehen einen Rückgang von 20 Prozent der Ernten, das Aussterben von Spezies und die weitere Verbreitung von Malariamücken voraus.
Dabei trägt ganz Afrika gerade einmal mit 660 Millionen Tonnen Kohlendioxid zum Treibhauseffekt bei. Deutschland allein stößt 825 Millionen Tonnen CO2 aus. Rapide nimmt dagegen die Luftverschmutzung durch Autoabgase in den afrikanischen Metropolen zu.
Erstmals haben die Unep-Forscher auch versucht, den Geldwert der großen biologischen Vielfalt des Kontinents zu schätzen. Allein die biologischen Ressourcen Ugandas stellen einen jährlichen Wert von 741 Millionen Dollar dar. 70 Prozent der Wildpflanzen Nordafrikas haben potenziellen Wert für Medizin, Saatzucht oder Biotechnologie. Diese Werte sind durch Artensterben bedroht: Afrika hat die weltweit höchste Entwaldungsrate. Bislang sind 126 bekannte Tier- und 120 Pflanzenarten verschwunden.
Verschmutzung, Anstieg des Meeresspiegels, Überfischung und Erosion setzen auch den Lebensräumen am Wasser zu. 38 Prozent aller Ökosysteme an den Küsten wie etwa Mangrovenwälder sind von Baumaßnahmen, neuen Siedlungen und Abwässern bedroht. Und wo „Entwicklung“ im großen Maßstab hinführen kann, zeigt der Assuan-Staudamm in Ägypten: Dort wurde der Nil so effektiv gestaut, dass auch die Nährstoffe hängen blieben. Die Sardinenernte im Nildelta fiel daraufhin von 22 Millionen Tonnen auf 13 Millionen Tonnen. BERNHARD PÖTTER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen