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Editorial

Stichwort: Euro-Islam

Als erster brachte der Göttinger Politologe Bassam Tibi den Begriff ein. Er bezeichnete damit eine Variante des Islam, die es den zirka 15 Millionen Muslimen in Europa ermöglicht, sich als Staatsbürger zu integrieren und zugleich eine islamische Identität zu bewahren. Dies sei nur möglich, wenn Muslime die Trennung von Staat und Religion befürworteten und den universellen Anspruch des Islam aufgäben.

Mittlerweile hat sich der Begriff verselbstständigt und wird in Skandinavien, Großbritannien, der gesamten EU, der Türkei und im Nahen Osten diskutiert. Viele muslimische Verbände und Organisationen haben zudem eigene Interpretationen eines „Euro-Islam“ formuliert, die nicht immer mit der ursprünglichen Idee in Einklang stehen: Meistens unterstützen sie zwar die Notwendigkeit, den säkularen Rechtsstaat und die Demokratie zu akzeptieren; Knackpunkte sind aber vor allem die Fragen, ob Frauen und Männer „gleichberechtigt“ oder nur „gleichwertig“ sind und ob der „Kernbestand“ oder die gesamte Erklärung der Menschenrechte mit dem Islam vereinbar ist. Hier tun sich für einige Muslime Konflikte mit den europäischen Verfassungen auf.

Auch sind nicht alle Muslime in Europa bereit, eine so weitgehende Abkoppelung von der islamischen Theologie und Geschichte vorzunehmen, wie Tibi sie seinerzeit forderte. Der nannte als Beispiel für den real existierenden Euro-Islam den Lebensstil der Muslime auf dem Balkan. Viele Muslime sind hingegen der Meinung, dabei habe es sich in Wahrheit um Assimilierung gehandelt. YAS

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