: Ein fanatischer Islamist vor Gericht
Die E-Mail-Adresse kidnapperguy@hotmail.com führte auf die Spur von Scheich Ahmed Omar Saeed
BERLIN taz ■ Der zum Tod verurteilte 28-jährige Scheich Ahmed Omar Saeed hat schon einmal wegen einer versuchten Entführung im Gefängnis gesessen. 1994 freundete der in London geborene Saeed sich in Delhi mit drei britischen und einem US-Touristen an, um sie zu entführen. Im Tausch gegen sie wollte er den in einem indischen Gefängnis einsitzenden pakistanischen Islamistenführer Maulana Masud Aschar freipressen. Dieser führte die kaschmirische Separatistentruppe „Harakat-ul-Ansar“ (Bewegung der Helfer des Propheten) an, die sich später in „Harakat-ul-Mudschaheddin“ (Bewegung der Glaubenskämpfer) umbenannte. Sie soll auch mit den späteren Entführern sechs westlicher Touristen in Kaschmir, darunter dem Erfurter Dirk Hasert, zusammengearbeitet haben. 1994 scheiterte jedoch Aschars Freipressung. Vielmehr wurde der bei einer Schießerei mit indischen Polizisten verwundete Saeed selbst verhaftet.
Weihnachten 1999 entführten Islamisten ein indisches Flugzeug mit 154 Passagieren von Kathmandu in Nepal in die afghanische Talibanhochburg Kandahar und pressten Saeed, Aschar und einen weiteren Gesinnungsgenossen frei. Sie tauchten in Pakistan unter, wo sie die Gruppe „Jaish-e Mohammed“ (Armee Mohammeds) gründeten. Diese soll Verbindung zur al-Qaida haben und wird von Indiens Regierung für zahlreiche Anschläge im indischen Teil Kaschmirs sowie auf das Parlament in Delhi im Dezember 2001 verantwortlich gemacht.
Saeed stammt aus einer wohlhabenden pakistanischen Familie. Sein Vater ist Textilhändler in London, der seinen Sohn auf Eliteschulen schickte. Lehrer bezeichnen Saeed als hilfsbereit und tolerant; Hinweise auf die ihm später zur Last gelegten Taten habe es keine gegeben.
Als Wendepunkt in Saeeds Leben gilt eine Reise nach Bosnien zur Zeit des dortigen Krieges 1992/93 mit einer islamischen Hilfsorganisation. Danach tauchte er unter und nach einer Militärausbildung in Afghanistan ein Jahr später als Gotteskrieger im kaschmirischen Unabhängigkeitskampf in Pakistan wieder auf. Anfang Februar kamen ihm Pakistans Behörden als Entführer von Daniel Pearl auf die Spur, als ein per E-Mail versandtes Bekennerschreiben mit der Adresse kidnapperguy@hotmail.com zu dem Mitangeklagten Fahad Naseem führte. Laut Gericht ist Saeed der Chef der Entführer Pearls. SVEN HANSEN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen