: Euro immer dollar
Der Euro erreicht die Parität zum US-Dollar und steht damit zum ersten Mal seit Jahren wieder beim Kurs von eins zu eins. Wirtschaftsexperten sehen den Aufstieg jedoch mit gemischten Gefühlen: US-Reisen werden billiger, Exporte verteuern sich
BERLIN taz ■ Der Euro hat gegenüber dem US-Dollar zum Eins-zu-eins ausgeglichen. Gestern um kurz nach 13 Uhr war er zum ersten Mal seit dem 25. Februar 2000 wieder genau einen Dollar wert. Damit erreichte er eine Schwelle, die psychologisch die wichtigste im Weltwährungsgeschehen ist. Wochenlang war der Euro knapp unter der Parität geblieben. Im Laufe des Nachmittags stieg die Währung der zwölf Euroländer dann leicht bis auf 1,006 Dollar. Der Urlaub im Dollarraum wird damit weiter billiger und vielleicht auch der Sprit an den Tankstellen – immerhin wird Rohöl in Dollar abgerechnet.
Wie es weitergeht, darüber sind sich die Währungshändler wie so oft uneins: Ein Teil meinte gestern, der Euro werde, wenn überhaupt, dann erst in ein paar Monaten weiter steigen. Andere hingegen sehen mit dem Fall der Psychobarriere einen kontinuierlichen Kursanstieg – bei einer echten Dollarkrise könne der Euro sogar bis 1,18 Dollar klettern. Einen Anhaltspunkt zur Einschätzung der US-Wirtschaft wird morgen eine der viel beachteten Reden von US-Notenbankchef Alan Greenspan geben.
Zum Vergleich: An seinem ersten Handelstag am 4. Januar 1999 war der Euro mit einem Kurs von 1,1747 Dollar gestartet. Seinen Tiefpunkt erreichte er am 26. Oktober 2000 mit einem Kurs von 0,8225 Dollar.
Schon vor dem Erreichen der Parität hatte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller diese als positiv bewertet. Die Europäische Zentralbank (EZB) wollte sich zwar gestern offiziell nicht äußern. Vergangenen Donnerstag hatte jedoch EZB-Vizepräsident Lucas Papademos verlauten lassen, der Anstieg sei im Interesse des Währungsgebietes.
Volkswirte sahen nach gestrigen Aussagen noch keine Gefahr für die deutsche Wirtschaft. „Die Parität ist eine psychologisch wichtige Marke. Ökonomisch ist sie es nicht“, sagte Hans-Eckart Scharrer, Vizepräsident des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs (HWWA). BDI-Präsident Michael Rogowski hingegen fürchtet bei einer stärkeren Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar Beeinträchtigungen für die deutsche Exportwirtschaft. „Alles, was nennenswert über eins zu eins liegt, ist eine Bedrohung“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie Anfang des Monats in Berlin.
Als Grund für die Stärke des Euros geben die meisten Experten die langsamer als erwartet anlaufende Konjunktur in den USA und die dortigen Börsenskandale an. Der Dollar fiel auch gegenüber dem japanischen Yen. Einen ganz andern Aspekt für die Eurostärke nannte vergangene Woche in München der Chef des dortigen renommierten Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn: Grund für den Euroanstieg sei nicht eine Dollarschwäche wegen der US-Konjunktur, sondern die Tatsache, dass in Osteuropa viele erst nach anfänglichem Zögern ihre D-Mark-Ersparnisse in Euro umtauschten. Auch aus Schwarzgeld würden derzeit größere Mark-Bestände in Euro umgetauscht. Sinn schätze, dass noch bis zu 100 Milliarden Euro aus Mark-Beständen umgetauscht würden. REINER METZGER
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