: Where‘s the Party gone?
Wir sind für sie da mit Brezeln und Cola. Mit Sprüchen wie diesen lockte die Uni-Oldenburg Studenten zur nächtlichen Einschreibung. Rechte Party-Stimmung wollte sich allerdings nicht einstellen
“Das hätte man auch von 9 bis 15 Uhr machen können“, urteilt Malte, “dann wäre die Stimmung genauso gewesen“. Nur, wie hätte das Immatrikulationsamt der Uni Oldenburg seinen Sonderservice zum Einschreibeschluss für zulassungsbeschränkte Studiengänge dann nennen sollen? „Die Nacht der Einschreibung“ klingt einfach unerreicht spannungsgeladen. Ein bürokratischer Akt als Thriller?
Wohl kaum. Als das Amt um 18 Uhr für sechs Stunden seine Pforten öffnet, hält sich die Spannung in erträglichen Grenzen. Tatsächlich finden sich neben etlichen Medienvertretern, die das erstmals offerierte Angebotspaket aus Einschreibung bis zur letzten Minute und persönlicher Beratung dokumentieren wollen auch ein Dutzend Studierende im Gang der universitären Institution, der trotz punktuell eingesetzter Dekorationselemente stark an einen Schulflur erinnert. Partystimmung allerdings will nicht recht aufkommen. Die dürfte auch niemand wirklich erwartet haben, klang die Plakatwerbung doch eher nach Altennachmittag, als nach Studentenfete: „Wir sind für sie da, mit schwungvoller Musik, Brezeln und Cola, Kaffee und Kuchen“. Pragmatische Gründe sind es, die die Studierenden an diesem Abend an die Uni locken.
Jennifer etwa jobbt gerade bei VW in Emden und hätte es tagsüber nicht geschafft, ihre Unterlagen einzureichen. So kann sie sich sogar eben noch vergewissern, dass alle Formulare richtig ausgefüllt sind. Keine Selbstverständlichkeit, wie Gunda Schulze vom I-Amt berichtet: „Wir mussten jedes Jahr eine Menge hinterher telefonieren, weil falsche Fächerkombinationen gewählt wurden, oder weil Anlagen fehlten“.
So gesehen ist der ungewöhnliche Beratungsmarathon für sie und ihre nachtaktiven Kollegen sogar eine Entlastung. Inka weiß den erstmalig stattfindenden Einschreibungs-Event offensichtlich nicht recht zu würdigen. Unbeeindruckt steht sie um 22 Uhr in einer Einrichtung der Oldenburger Uni und verkündet: „Ich bewerbe mich hier nur nebenbei, zur Sicherheit“. Es kommt noch schlimmer: Ohne rot zu werden gesteht sie, sie wolle ihr BWL-Studium lieber in Hamburg antreten.Vielleicht hätte der zweifach prämierte Uni-Werbefilm „Schöne Aussichten“ die junge Studentin noch umstimmen können. Der allerdings lief nur in den ersten drei Stunden. Brezeln hingegen gibt es auch noch, als die Mitternacht näher rückt. Chillout-Atmosphäre liegt in der Luft. Lächeln macht sich auf den Gesichtern der Mitarbeiter breit. Der Feierabend rückt in greifbare Nähe. Rund 300 BewerberInnen sind nach diesem Abend hoffentlich schlauer als vorher. Ein gelungenes Experiment, darin ist sich das Team einig. Für eine eventuelle Neuauflage denkt man allerdings über eine Kooperation mit dem AStA nach. „Dann könnte die Beratung auch in eine richtige Party eingebunden werden“, blickt Gunda Schulze in die Zukunft.
Die sollte dann allerdings auch auf der Homepage der Hochschule angekündigt werden. Die „Nacht der Einschreibung“ nämlich - immerhin eine Aktion der Arbeitsgruppe „Werbung um Studierende“ - fand dort mit keinem Wort Erwähnung.
Christoph Kutzer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen