Noch streiten sie über den Müll

Warum Windeln zwar die Mülltonne füllen können, aber nicht zwingend bezahlt werden müssen: Entweder wird der Müll teurer oder der Service geringer, sagt die SPD-Umweltsenatorin. Die CDU arbeitet noch an ihren Alternativen.

Müll steht im August wieder auf der Tagesordnung der Umweltdeputation, konkret: Das Müll-Konzept für die kommenden Jahre. Wenn alles so weitergeht wie bisher, dann müssen die Gebühren spätestens im Jahre 2005 steigen, hatten die zuständigen „Bremer Entsorgungsbetriebe“ (BEB) ausgerechnet. Und das will so kurz vor den Bürgerschaftswahlen niemand den WählerInnen verkaufen. Ende Mai hatte die Umweltsenatorin Christine Wischer (SPD) ein Konzept vorgestellt, wo gestrichen werden könnte, die CDU hatte „so nicht“ gesagt. Seitdem wartet man bei der SPD gespannt auf die kostenneutralen Alternativ-Vorschläge der Müll-Expertin der CDU, Viola Mull. Bei der CDU wird noch über Zahlen gebrütet – Anfang dieser Woche sind jede Menge Antworten auf Fachfragen eingetrudelt.

Die Altpapiercontainer sollten stehen bleiben, sagt Viola Mull zum Beispiel. Da hatten die Bremer Entsorgungsbetriebe den großen Kostentreiber und Verunreiniger ausgemacht, da könnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Viola Mull hat eine Idee, wie man Abstriche beim Service vermeiden und zu mehr Einnahmen kommen könnte: Viele Bremer Müll-Produzenten sind bei den BEB gar nicht als gebührenträchtige Haushaltsmitglieder gemeldet, weiß sie.

„Das Problem ist verschwindend gering“, erklärt Reinhard Holtin, Pressesprecher der BEB. Wieviele „Müllgebühren zahlende Einwohner“ die Stadt Bremen hat, will er nicht konkret sagen. Denn es gibt umgekehrt durchaus auch einige, die zahlen, obwohl sie rein bürokratisch gesehen nicht müssten. Wie das? Ganz einfach: Wenn eine Frau ein Kind bekommt, muss sie das zwar beim Standesamt melden, nicht aber beim Einwohnermeldeamt. Die kleinen Schreihälse bringen viel Müll, aber nicht immer die größere Tonne. Denn das Standesamt meldet sie dem Einwohnermeldeamt nicht weiter. Solange Kinder nicht umziehen, müssen sie nicht gemeldet werden. Da gab es einen Fall, erzählt der BEB-Sprecher, da standen vier Fahrräder vor einem Haus, ganz eindeutig zwei große und zwei kleine. Die BEB verdonnerte die Familie zu einer teuren großen Tonne. Die Familie bekam aber im Widerspruchsverfahren ihre kleine Tonne wieder: Zwei Erwachsene waren beim Einwohnermeldeamt gemeldet und nur das zählt.

Die BEB schickt also Gebührenbescheide nach den Angaben, die die Haushalte selbst machen. Das in jedem Einzelfall zu überprüfen, wäre ein erheblicher Personalaufwand, sagt Holtin. Dabei will die CDU-Politikerin Personal streichen: Wieso hat die BEB als reine Kontrollbehörde, die Geld einkassiert und an die ENO und andere Firmen weitergibt, knapp hundert Stellen? Wieso allein 26 Stellen für Marketing, wie aus einer internen Auflistung hervorgeht?

Die werden gebraucht, widerspricht Holtin auch da. Denn die gesamte Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit von Einzelbeschwerden bis zur Erklärung des komplizierten Getrennt-Sammel-Systems ist die Aufgabe der staatlichen BEB. Immerhin müssen die BEB 130.000 Gebührenabrechnungen für den Müll herausschicken und den Geldeingang verwalten, Änderungen und Nachfragen bearbeiten. Das Vertragswerk für die Entsorgung umfasse 40 Verträge mit diversen Firmen über alle möglichen Spezialthemen, die kompetent überwacht und fortgeschrieben werden müssen.

Wo also sparen, wenn der Service nicht eingeschränkt werden soll? Die CDU arbeitet noch an ihren Alternativen. Einig sind sich die Koalitiospartner aber darin, dass die Gelben Säcke – außer in der Innenstadt, wo Touristen darüber nicht mehr stolpern sollen – bleiben. Auf jeden Fall müssen die Säcke aber reißfester werden, findet Viola Mull. Dass die Koalitionspartner sich im August schon einigen könnten, hält sie eher für unwahrscheinlich. Klaus Wolschner