: Ein ganz normaler Hochzeitstag
Klaus und Frank sind seit vorigem Sommer „eingetragene Partner“ und davon überzeugt, dass die Akzeptanz seitdem größer geworden ist
von AXEL KRÄMER
Schrill und schräg ist die Feier nicht. Männer im Anzug und Frauen im Festtagskleid schreiten nacheinander durch einen Rosenbogen im Garten und überreichen dem Paar Geschenke. Eine Tafel ist mit weißen Blumen und Seide dekoriert, die Gäste erwartet ein klassisches Hochzeitsmenü. Zu später Stunde schwingen Bräutigam und Mutter das Tanzbein. „Wie man auf den Fotos sehen kann, war das wie eine ganz normale Hochzeit“. Frank und Klaus Prüfer erinnern sich an den Tag zurück, an dem sie offiziell den Bund fürs Leben eingegangen sind. Am 7. September des vergangenen Jahres ließen sich die beiden vor dem Schöneberger Standesamt trauen.
Eigentlich hatten sie nicht erwartet, dass „ein so trockener behördlicher Akt“ in ihrem Leben eine große Rolle spielen würde. „Schließlich sind wir schon seit über zwölf Jahren zusammen“, erzählt Frank. Vor acht Jahren erfüllten sich die zwei ihren Traum: Sie bauten sich ein Haus in einem Waldviertel am Rand des Naturparks Märkische Schweiz. Seither leben sie fernab der Schwulenszene, inmitten von Rehen, Wildschweinen und Mardern. Frank investiert viel Zeit für die Pflege des Gartens. Es duftet nach Lilien. „Im Teich hatten wir auch ein paar japanische Zierfische“, erzählt er, „aber die sind von einem Waschbären geholt worden.“
Bürgerliche Wohlanständigkeit herrscht auch im Haus. An den Wänden hängen klassische Ölgemälde, auf einem Beistelltisch steht ein Bild von Franks Mutter aus früheren Zeiten. Kein Gegenstand in der Wohnung weist darauf hin, dass hier ein schwules Paar wohnt – kein Tom-of-Finland-Poster, keine Regenbogenflagge oder ähnliche Symbole, wie man sie aus der Szene kennt.
Frank und Klaus sind schon lange ein eingespieltes Paar. Da konnte die „Eingetragene Partnerschaft“ eigentlich nur noch besiegeln, was bereits seit vielen Jahren zur Routine geworden war. Trotzdem kam alles anders. „Kurz vorher habe ich eine Art Torschlusspanik gekriegt“, erinnert sich der 39-jährige Frank. „Wenn ich früher Filmszenen gesehen habe, in denen der Bräutigam kurz vor der Hochzeit kalte Füße kriegt, fand ich das immer blöd. Jetzt kann ich die Heteros viel besser verstehen.“ Klaus blieb im Vorfeld hingegen etwas gelassener. Schließlich war es für den 55-jährigen Kaufmann bereits die zweite Hochzeit. Vor 27 Jahren feierte er das erste Mal. Mit einer Frau. Auch damals war es Liebe, wie er versichert – und nicht etwa die Motivation, die schwule Seite seiner Sexualität zu leugnen. Zur Exfrau pflegen er und sein neuer Partner auch heute noch eine gute Beziehung.
Am Tag der Trauung war es die Schöneberger Standesbeamtin, die aus der Formalität etwas Besonderes machte. „Ihre Rede war so herzlich und liebevoll“, schwärmt Frank. Und Klaus ergänzt: „Sie hat einfach die richtigen Worte gefunden. Das war viel amüsanter, als ich es bei meiner ersten Trauung erlebt hatte.“ Auch im Standesamt ihrer Umlandgemeinde hatten die beiden angefragt. Dort schienen jedoch die Beamten angesichts der Aufgabe, ein Homopaar zu trauen, „überfordert und uninformiert“ zu sein. Davon sind Frank und Klaus überzeugt. Darum fand der Behördenakt in ihrem früheren Wohnort Berlin statt. Gefeiert wurde jedoch zu Hause.
Entgegen seinen Erwartungen wurde Frank dann im Laufe des Abends von seinen Gefühlen übermannt. „Ich war so aufgewühlt“, erzählt er. „Im tiefsten Herzen habe ich mich immer gefragt, ob meine Verwandten tatsächlich die Akzeptanz aufbringen können. Als ich dann diese einfühlsamen Worte auf den Glückwunschkarten gelesen habe, brach ich irgendwann in Tränen aus, weil mir klar wurde: Deine Familie steht hundertprozentig zu dir.“
In der folgenden Zeit wurde die Liebe der beiden „noch mal richtig angefacht“, berichtet Frank, „ich hätte Klaus die ganze Zeit drücken und knuddeln können“.
Das Paar ist davon überzeugt, dass die Akzeptanz durch die „Eingetragene Partnerschaft“ größer geworden ist. Nach der Trauung konnten beide noch mehr zu ihrem Schwulsein stehen. „Für mich war das Ereignis Anlass, zum ersten Mal in der Firma darüber zu sprechen“, sagt Klaus. Die Chefetage schickte Blumen. „Das war ein Schritt in die Normalität.“ Und Frank, von Beruf Bankkaufmann, erhielt von seinem Unternehmen sogar eine Heiratszulage. Er war es, der seinen Nachnamen zugunsten des gemeinsamen Namens aufgegeben hat.
Zum ersten Hochzeitstag planen die beiden eine kleine Feier. Der enge Freundeskreis hat im Lauf der Jahre „einen höheren Stellenwert als die Szene“ bekommen, von deren „Oberflächlichkeit“ beide offensichtlich enttäuscht sind. Jetzt leben sie fast wie ein heterosexuelles Paar. Fehlt eigentlich nur noch der Nachwuchs. Frank räumt ein, dass in ihm allmählich der Wunsch heran gereift sei, ein Kind zu haben. Doch Klaus winkt sofort ab. „Dafür bin ich zu alt“, meint er. „Wenn das Kind 5 Jahre alt ist und ein Vater 60, dann ist das nicht so angenehm für das Kind. So was muss man mit bedenken!“
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