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Spanische Armee stürmt besetzte Petersilieninsel

Marokkanische Soldaten werden zum Rückzug gezwungen. Die Regierung in Rabat kritisiert die Militäraktion als „Rückkehr zur Kanonenbootpolitik“

BERLIN taz/dpa/rtr ■ Sechs Tage nach der Besetzung durch zwölf marokkanische Soldaten hat das spanische Militär die unbewohnte Mittelmeerinsel Perejil (Petersilieninsel) gewaltsam geräumt. Bei der Operation, die Mittwoch früh begonnen hatte, ist nach Angaben der spanischen Regierung niemand verletzt worden. Sechs marokkanische Soldaten seien gefangen genommen und den marokkanischen Behörden übergeben worden. Beteiligt waren Eliteeinheiten der Armee und der Marine sowie sechs Hubschrauber und zwei U-Boote. Spanien hatte außerdem sechs Kriegsschiffe in die Region entsandt. Am Dienstag war der spanische Botschafter in Marokko auf unbestimmte Zeit abberufen worden, nachdem die spanische Regierung keine „zufriedenstellende Antwort“ auf ihr Gesuch an Marokko erhalten hatte, die Insel wieder zu verlassen. Marokko erklärte, man habe auf der Insel lediglich einen Beobachtungsposten zur Abwehr von Terroristen und illegalen Einwanderern nach Europa errichten wollen.

Sowohl Spanien als auch Marokko beanspruchen Souveränität über die 13,5 Hektar große unbewohnte Felseninsel. Sie liegt in marokkanischen Hoheitsgewässern, nur 200 Meter von der afrikanischen Küste entfernt. 1668 war sie von Portugal an Spanien übertragen worden.

Doch die marokkanische Regierung besteht darauf, dass der Felsen seit der Unabhängigkeit im Jahre 1956 zu Marokko gehört, da sie bei der Grenzlegung des spanischen Protektorats in Afrika 1912 nicht erwähnt worden war. Obwohl die Souveränität über die Insel völkerrechtlich ungeklärt ist, wirft Spanien Marokko vor, ein stillschweigendes Abkommen aus den Sechzigerjahren verletzt zu haben, wonach keines der beiden Länder die Insel militärisch besetzen darf.

Die Militäraktion Spaniens kam überraschend, nachdem beide Seiten betont hatten, man wolle die Krise auf diplomatischem Wege lösen. Marokko verurteilte den Einsatz als Aggression und forderte den „sofortigen und bedingungslosen“ Abzug der spanischen Truppen. Der marokkanische Landwirtschaftsminister Ismail Alaoui hatte die Intervention als „Rückkehr zur Kanonenbootpolitik“ kritisiert. Der spanische Verteidigungsminister Federico Trillo sprach dagegen von „legitimer Verteidigung“.

Mit seiner Militäraktion hat Spanien auch ein Zeichen in Bezug auf die beiden spanischen Exklaven Melilla und Ceuta in Marokko gesetzt. Beide Exklaven messen zusammen 32 Quadratkilometer. Marokko fordert seit 1975 erfolglos die Übertragung dieser Territorien. Mit der gewaltsamen Stürmung der Perejil-Insel hat Spanien klar gemacht, dass es einer Aggression gegen seine afrikanischen Gebiete mit voller militärischer Macht begegnen wird. AS

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