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Der Neue auf dem Schleudersitz

Der Bendlerblock, Sitz des Verteidigungsministeriums und Gedenkstätte, hat eine wechselvolle Geschichte. Peter Struck vereidigt dort heute 500 Bundeswehrrekruten. Erster Akt einer vielleicht kurzen Amtsperiode

Wie das wohl gehen solle, sorgte sich Harald Schmidt gleich nach Peter Strucks Ernennung zum neuen Verteidigungsminister. „Erklärt dem jetzt erst mal jemand, das da ist ein Panzer, das da ein Kampfflieger, oder wie?“ Doch so wenig, wie Satiriker ihre Gags selber schreiben, müssen Minister etwas von ihren Ressorts verstehen.

Die Feuertaufe muss der neue Verteidigungschef gleich heute, am zweiten Amtstag, bestehen. Vor historischer Kulisse und mit internationaler Besetzung. 500 Rekruten werden auf die Treue zu Deutschland eingeschworen. Ob die Tatsache, dass dem ehemaligen Dienstherrn Rudolf Scharping nun ein Struck gedreht wurde, sich wehrzersetzend auswirken wird, darüber können sich Heerscharen von Bundeswehrpsychologen nun Gedanken machen. Ratsam wären Kurzzeitstudien. Denn wenn das Wahlvolk nicht will, könnte Strucks Zeit als sozialdemokratischer Feldherr am 22. September schon wieder passé sein.

Ob der Autoschlossersohn aus Göttingen bis dahin den Imageschaden des Ministeramtes reparieren kann, darüber mochte gestern niemand spekulieren. Strucks neuer Dienstsessel ist jedenfalls nicht erst seit Scharping ein Schleudersitz. Schließlich war der Bendlerblock in der Nähe des Tiergartens, am südlichen Rand des ehemaligen Diplomatenviertels, Anfan letzten Jahrhunderts das Quartier des Reichsmarineamts. Schon Großadmiral Alfred von Tirpitz ging mit seiner verhängnisvollen Flottenpolitik von hier aus baden – und mit ihm das ganze wilhelminische Kriegsherrentum. Adolf Hitler wählte den Ort für seine unheilvolle Rede über den „deutschen Lebensraum“. Der Bendlerblock beherbergte auch das Heeresoberkommando der Nazis. Und war Schauplatz eines tragischen Ereignisses: In der Nacht zum 21. Juli 1944 wurden auf dem Appellplatz die Widerstandskämpfer Oberst Schenk Graf von Stauffenberg, General Friedrich Olbricht, Oberst Ritter Mertz von Quirnheim und Oberleutnant von Haeften standrechtlich erschossen.

Der Bendlerblock sei bewusst als Dienstsitz des Verteidigungsministers ausgewählt worden, um sich „der deutschen Geschichte in ihrer Gesamtheit“ zu stellen, so Kanzler Schröder 1999. Schröder wird auch heute das Gelöbnis mit abnehmen. Neben ihm Parteisoldat Peter Struck. Kann der überhaupt so lange strammstehen? Schließlich hat er als weißer Jahrgang nicht selbst gedient. Und so eine Zeremonie hat ja schon ganz andere Männer umgehauen. KEL

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