: geläufig Dem Instinkt zugetan
„Ich entzweite mich mit dem Lehrsystem, mit dem ich auf der hohen Schule gehobelt wurde. Wer sollte das verstehen? Die wenigen Leute, die damals ein Augenmerk auf mich und mein Leben hatten, wähnten mich auf dem Weg zu einer Universität, auf dem Weg zum Studium. Dieser Lebensweg von höheren Schülern höherer Schulen war üblich und verfestigt. Ich für meinen Teil brach aus, wegen so’n Mädel nur, klagten die, die meine Gründe ein wenig näher zu kennen glaubten. Wenn mir recht ist, glaubte ich damals selber, die Ursache meines Ausbruchs in einer verbohrten Liebelei zu sehen. Heute meine ich, dass ich damals meinem Instinkt gehorchte, dem ich, wie in meinem ganzen Leben, verbundener und zugetaner war als jener Lebenshaltung, die Vernunft genannt wird. Und die Vernunft ist mir bis heute anzweifelbar und verdächtig.“ Der da so trocken seinen Ausbruch aus der kleinbürgerlichen Welt beschreibt, ist Erwin Strittmatter, der am 14. August 90 Jahre alt geworden wäre. Das Literaturforum im Brecht-Haus widmet dem Brecht-Freund und „Der Laden“-Autor die ganze Woche und lädt seine Gefährtin Eva, seine Freunde und Mitarbeiter ein, um über Strittmatter und die Arbeit mit ihm zu reden. Den Auftakt machen heute der Maler Hubertus Giebe, der Buchhändler Winfried Ziemann und Jo Baier, der bei der Verfilmung des „Ladens“ Regie führte. Etwas ungelenk dass Motto: „Nachdenken über Erwin Strittmatter“ heißt es und kommt sehr steif und vernünftig daher, wo der Bedachte doch gerade gern so unvernünftig war. SUN
Literaturforum im Brecht-Haus, 20 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen