: Sieg für die US-Umweltbewegung
Gegen den Widerstand der Autolobby führt der US-Bundesstaat Kalifornien per Gesetz Emissionsstandards für klimaschädliche Autoabgase ein. Damit übernimmt Kalifornien wieder einmal eine Vorreiterrolle. Andere Bundesstaaten könnten dem folgen
aus Washington MICHAEL STRECK
Der Bundesstaat Kalifornien hat am Montag ein Gesetz verabschiedet, das erstmals in der US-Geschichte den Ausstoß klimaschädlicher Autoabgase verringern soll. Von 2009 an müssen alle in Kalifornien neu zugelassenen Autos strenge Emissionsstandards für Kohlendioxid (CO2) einhalten. Kalifornien ist nach Texas der Bundesstaat mit den höchsten CO2-Emissionen in den USA. 40 Prozent davon entstammen den Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen.
Das umkämpfte Gesetz ist ein Sieg für die US-Umweltbewegung über die Auto- und Ölindustrie. Mit einer Gegenkampagne hatte die Autolobby versucht, die Stimmung in Kalifornien zu beeinflussen. Dem Autovolk wurde versucht einzureden, dass herzlose Bürokraten den Amerikanern den Spaß am Allrad-Jeep und Pick-up-Truck verderben wollen. Doch Umweltorganisationen konnten Hollywood-Stars und einflussreiche Politiker, wie den republikanischen Senator John McCain aus Arizona, für ihre Sache gewinnen.
Mit seinen 35 Millionen Einwohnern ist Kalifornien der wichtigste Automarkt in den USA. „Wir können nicht ein Modell für Kalifornien produzieren und eines für Washington“, beklagt sich der mächtige Verband der US-Automobilhersteller und droht, dass in Zukunft alle Wagen teurer, kleiner und leichter würden. Doch so richtig ließen sich weder die Regierung des „Golden State“ noch die Bevölkerung verschrecken. Der demokratische Gouverneur Gray Davis erklärte, er wolle die ignorante Haltung Washingtons beim Thema Klimaschutz nicht länger hinnehmen und eigene Akzente setzen. Seine Politik wird von 80 Prozent der Kalifornier unterstützt, die nach einer Juni-Umfrage strengere Abgasnormen befürworten.
Das von Davis unterzeichnete Gesetz ermächtigt ein Expertengremium, bis 2005 Kohlendioxid-Grenzwerte festzulegen, die dann vier Jahre später von allen Neuwagen eingehalten werden müssen. Das Gesetz zielt vor allem auf technologische Verbesserungen, wie effizientere Motoren und Klimaanlagen und leichtere Karrosserien, um den Treibstoffverbrauch zu senken, somit auch den Ausstoß von Kohlendioxid. Noch vor wenigen Wochen war im US-Kongress der Versuch, den Verbrauchsstandard für Autos in den USA anzuheben, an der Autoindustrie gescheitert.
Kalifornien ist der einzige Staat, der durch ein Bundesgesetz von 1967 berechtigt ist, strengere Emissionsstandards als von Washington vorgegeben einzuführen. Jeder andere Bundesstaat kann diese schärferen Normen übernehmen und damit weniger strikte Bundesgesetze außer Kraft setzen. So ist folgendes Szenario denkbar: Die Bush-Regierung verweigert sich weiter nationalen und internationalen Klimaschutzzielen, dennoch wird der Ausstoß an klimaverändernden Gasen in den USA eingedämmt. Der Westküstenstaat übernimmt einmal mehr eine Vorreiterrolle, nachdem er ebenfalls zuerst den Katalysator, bleifreies Benzin und den Sicherheitsgurt eingeführt hat.
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