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Modellhaftes Land ohne Namen

Die Entwicklung an den Wurzeln der Gräser hat Vorrang: Das fsk zeigt John Sayles Politfilm „Men with guns“

Dieser Film von John Sayles hätte auch „Hombres armados“ heißen können, denn es wird fast kein Englisch, dafür aber viel Spanisch und daneben die Sprachen Nahuatl, Tzotzil, Maya und Kuna gesprochen. So viel Authentizität hat ihren Preis, Untertitel sind zwingend, erschweren aber die Auswertung. So kam es, dass „Men with Guns“, ein Jahr nach „Lone Star“ 1997 gedreht, in Deutschland nie einen Verleih gefunden hat.

Dr. Fuentes, ein in der Hauptstadt angesehener Arzt und Professor, steht kurz vor der Pensionierung. Im Rahmen eines „internationalen Gesundheits-Programms“ hat er eine Reihe junger Menschen zu Ärzten ausgebildet. Da er hoffte, damit die Defizite der medizinische Versorgung außerhalb der Städte abzubauen, betrachtet er diesen Teil seiner Karriere als besonders wichtig und ehrenhaft. Eines Tages trifft er Bravo, seinen einstmals besten Studenten, und ist verblüfft, ihn mit völlig unmedizinischen Aufgaben befasst zu sehen. Bravo hält sich über seine beruflichen Umstände ängstlich bedeckt, deutet aber an, wo Fuentes eine Antwort auf die nun drängende Frage bekommen könne, was aus seinen anderen Schülern geworden sei. Fuentes bricht daraufhin zu einem Trip durch ein Land auf, das nicht genau lokalisiert ist, aber viele Rechnungen offen hat.

An jeder Station seiner Reise erhält Fuentes neue Hinweise und jeweils die Schreckensnachricht, der Arzt vor Ort sei entführt und wahrscheintlich getötet worden. Er trifft am Rand seiner Wege desertierte Soldaten, entmutigte Priester und einen Jungen, der das entwurzelte Ergebnis einer Vergewaltigung ist. Gemeinsam gehen sie dem Gerücht nach, es gäbe im Hochland einen unzugenglichen Ort, an dem sich die Unterdrückten und Ausgebeuteten versammelt hätten. Hier praktiziere auch der letzte von Fuentes Schülern.

Dieses aussichtslose und von Gewalt durchsetzte Szenario wird von einer fast schwebenden Gelassenheit getragen. Sayles Interesse an der Darstellung politischer Zustände unterwirft sich nie völlig einer verbitternden sozialen Faktizität. Wie in „City of Hope“ oder „Lone Star“ zeigt er vielmehr einen Hang zur modellhaften Struktur. Das Land, durch das er zieht, hat keinen Namen, die Bezeichnungen der Orte sind erfunden. Sayles wollte das Erzählerische nicht an Pamphletismus verschenken und hat seinem Film daher die Form der Legende gegeben: Eine indianische Mutter erzählt ihrer Tochter die Geschichte eines Arztes, der einst eine Gruppe junger Menschen zu Ärzte ausbildete, um festzustellen, dass es anders als gedacht gekommen sei.

„Men with Guns“ ist ein politischer Film, der sich in einem Raum zwischen Traum und Realität, Zivilisation und Barbarei aufstellt und dort trotzdem nach angemessen konkreten Antworten sucht. Nicht das „internationale Gesundheitsprogramm“ kann eine Lösung bringen, Sayles gibt vielmehr den Entwicklungen an den Wurzeln der Gräser den Vorrang. MANFRED HERMES

„Men with Guns“, Regie: John Sayles. Mit Damian Delgado, Dan Riviera Gonzalez u. a. USA 1997, 128 Min., tgl. 18 Uhr/20.30 Uhr, fsk, Segitzdamm 2

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