: Funkstille durchbrochen
Die Medienpolitik Nordkoreas ist repressiv wie kaum eine andere auf der Welt. Doch Anfang Juli wurde das erste unabhängige Medium lizenziert – eine Amateurfunkstation
BERLIN taz ■ Haben sie sich nun getroffen, oder sind sie sich aus dem Weg gegangen, der amerikanische Außenminister Colin Powell und sein nordkoreanischer Amtskollege Paek Nam-Sun? Die internationalen Presseagenturen meldeten gestern, erstmals seit zwei Jahren hätten sich die Chefdiplomaten der beiden Staaten am Rande des Asean-Regionalforums in Brunei zu einem 15-minütigen Gespräch zusammengesetzt.
Die nordkoreanische Staatsmedien konterten umgehend: Alles Fälschung. Powell habe in Brunei wieder einmal Nordkorea zusammen mit dem Iran und Irak als „Achse des Bösen“ beschimpft und die Konferenzteilnehmer aufgefordert, die Regierung in Pjöngjang zu ächten. Und auch Nordkorea werde niemals von sich aus Kontakte zum „Weltimperalisten“ aufnehmen, so „Die Stimme des Volkes“, der einzige Rundfunksender des Landes. Nordkoreas repressive Medienpolitik ist weltweit einzigartig. Neben einem Staatssender, einer täglichen Tageszeitung und kurzen Fernsehausstrahlungen gibt es nichts Unabhängiges, was sich der Kontrolle des stalinistischen Herrschers Kim Jong-Il, Sohn des 1994 verstorbenen Staatsgründers Kim Il-Sung, entziehen würde.
Die Medienkontrolle ist total, Internet verboten und die Desinformation vollkommen: Eine Mondlandung der Amerikaner habe nie stattgefunden, so die bis heute offizielle Darstellung in den Medien, das sei nur ein großer Bluff, ein Hollywoodfilm, nichts weiter.
Und doch gibt es seit kurzem die erste Spielwiese für unabhängige Information. Es ist keine Flugschrift, kein Untergrundsender, kein Internetcafé, nein, eine offiziell registrierte Amateurfunkstation ist die derzeit einzige mediale Verbindung zur Außenwelt. P5/4L4FN heißt die Station, Geheimtipp der weltweit aktiven Funkamateurgemeinde.
Seitdem der Österreichische Rundfunk am 5. Juli in seinem Kurzwellendienst eine Sondersendung zu dieser Station ausstrahlte (alles Technische siehe unter http://roi.orf.at/intermedia/im_aktuell_0705.html), wird der Sender auch von zahlreichen deutschen Amateurfunkfans angepeilt. Entstanden ist P5/4L4FN mit Hilfe eines Hobbyfunkers, der im Rahmen eines UNO-Hilfsprogramms zur Verteilung von Medikamenten und Lebensmitteln die technische Ausrüstung nach Pjöngjang brachte und um eine offizielle Frequenz ansuchte. Seitdem sendet die Station unzensiert in alle Welt – vielleicht der Grundstein einer künftigen Radiostation?
ROLAND HOFWILER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen