: VHS-Geschlechterfragen
Das neue VHS-Programm setzt auf Basisangebot. Aktuelle Themen sollen aber nicht zu kurz kommen
Der Papa sitzt im Stuhlkreis mit anderen Papas und sucht die verlorene Männerfreundschaft. Die Mama hat den Alltag hinter sich gelassen und sucht im Wochendseminar Entspannung. Und die Kids suchen verzweifelt nach trockenen Windeln für den elektronischen Nachwuchs.
Die ganze Familie will das neue Bremer Volkshochschul-Programm für den Herbst 2002 ansprechen. Ab Montag liegt das 296 Seiten starke Heft bei Ärzten, Apotheken, Buchhandlungen, Bibliotheken und in den 230 Zweigstellen der VHS aus – das Motto lautet diesmal „Frauen und Männer“.
Natürlich, so Direktorin Barbara Loer, gehe es im kommenden Semester nicht nur um Fragen von Gender und Gleichberechtigung. „Neben den bewährten Sprachkursen, politischer und kultureller Bildung gibt es Seminare zu aktuellen Themen wie der Agenda 21 oder der PISA-Studie.“ Das Geschlechterthema ziehe sich vielmehr durch alle Bereiche, so Loer. „Im letzten Semester gab es viele Angebote zur Integration von Aus- und Inländern, jetzt geht es eben um das Zusammenleben von Männer und Frauen.“
Einseitige Schwerpunkte wollen die Erwachsenenpädagogen dabei vermeiden. Das Motto-Angebot haben Gesundheitskoordinatorin Ulla Voigt und der Leiter der Technik- und Hobbyabteilung, Norbert Wirtz, gemeinsam ausgearbeitet. „Wir bieten auch Kurse zu Themen an, die Männer sonst eher stiefmütterlich behandeln“, sagt Wirtz. Gesundheitsmuffel zum Beispiel sollen sich über das Thema „Fitnessstudio“ an die Beschäftigung mit dem eigenen Körper wagen. Die Seminare nur für Frauen oder Männer stechen gleich ins Auge: Im Katalog sind sie mit magentaroten „♀“ und „♂“ gekennzeichnet.
Ein spezielles Jugendprogramm soll die PISA-Jugend wieder flott machen: Neben Sprach-, Theater- und Computerkursen können Jugendliche auch eine einwöchige „Baby-Bedenkzeit“ nehmen. Ein elektronischer Babysimulator hält die Minimütter und -väter auf Trab – sogar nachts. Von staatlich gefördertem Tamagotchi-Spielen ist aber keine Rede: Die Teilnehmer treffen sich vier Stunden täglich, um über Schwangerschaft, Betreuung und frühe Kindheit zu sprechen.
Aber Achtung – Verwechslungsgefahr! Bei der Gestaltung des umfangreichen Programms haben die Volkslehrer offenbar vergessen, das Titelbild neu zu gestalten. Wer also vor verschlossenen Türen steht, wo die „Modulare Qualifikation in Multimediaberufen“ stattfinden sollte, hat wohl ins falsche Heft geschaut.
slk
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen