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off-kino Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Zu den schönsten Filmen mit Fred Astaire gehört zweifellos Vincente Minnellis „The Band Wagon“ (1953). Auf scherzhafte Weise verarbeiteten die Autoren Betty Comden und Adolph Green in ihrem Drehbuch einige der ständigen Ängste Astaires: Er fand sich mit Mitte fünfzig als Filmstar bereits zu alt, fürchtete sich davor, altmodisch zu wirken (und kündigte deshalb ständig seinen „Rücktritt“ an) und verspürte ein gewaltiges Unbehagen gegenüber zu großen Filmpartnerinnen. Folglich muss Astaire in „The Band Wagon“ einen abgehalfterten Musicalstar spielen, für den sich bei seiner Ankunft am Bahnhof niemand interessiert – weil einen Wagon weiter Ava Gardner aussteigt. Sodann gerät er in seiner neuen Show an einen „modernen“ Regisseur (Jack Buchanan), der eine harmlose Musicalstory als Faust-Saga inszenieren möchte, und muss sich zu allem Überfluss mit der Partnerin Cyd Charisse und ihren endlos langen Beinen herumplagen. Das bleibt – bis man sich schließlich ohne Kunstprätentionen für die gemeinsame Show doch noch zusammenrauft – stets amüsant und schwungvoll. Zudem enthält „The Band Wagon“ mit „Shine On Your Shoe“, „Dancing in the Dark“ und dem abschließenden „The Girl Hunt“-Ballett, einer Film-noir-Parodie, auch noch einige der besten Astaire-Nummern: That’s Entertainment!

„The Band Wagon“ (OF) 12.8. im Arsenal 2

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2002 ist das internationale Jahr der Berge, zudem wird Leni Riefenstahl dieser Tage 100 Jahre alt. Grund genug also, sich noch einmal kurz mit Leni und den Gebirgen zu befassen. Denn bekanntlich erfuhr die umstrittene Regisseurin ihren ersten Ruhm als sportliche und leidensfähige Darstellerin in den Bergfilmen Dr. Arnold Fancks und zeigte sich in ihrem Regiedebüt „Das blaue Licht“ (1932) als gelehrige Schülerin des Meisters. Denn wie die Filme Fancks zeichnet auch diese Legende aus den Dolomiten kein heimattümelndes Heile-Welt-Bild vom Leben in den Bergen. Die Mitglieder der Dorfgemeinschaft sind engstirnig, gewalttätig und gierig, und sie stecken voller Vorurteile. Auch ästhetisch knüpft „Das blaue Licht“ an den klassischen Bergfilm an: Gegenlicht, drastische, mit Filtern erzeugte Schwarzweiß-Kontraste und Kunstnebel dramatisieren den Berg und seine Bewohner – selbst Sonnenschein wirkt hier niemals hell und freundlich. Und die Rolle der Außenseiterin Junta, die von den Dörflern für eine Hexe gehalten wird, weil sie offenbar den Weg zu den Bergkristallen kennt, an dem die anderen stets scheitern, ist auch im Hinblick auf Riefenstahls späteres Leben durchaus interessant: Man kann sich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass sie die naive, verfolgte Unschuld einfach immer weiter gespielt hat.

Als Vorfilm ist Riefenstahls neues Werk „Impressionen unter Wasser“, eine 45-minütige Dokumentation aus der Welt der Ozeane, als Uraufführung zu sehen.

„Das blaue Licht“, „Impressionen unter Wasser“ 14.8. im Delphi

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Eine Reihe mit Filmen von und mit Kenneth Branagh präsentiert das Filmkunsthaus Babylon im August. Bekannt wurde der nordirische Mime vor allem mit seinen populären Shakespeare-Inszenierungen für das Kino wie der Komödie „Much Ado About Nothing“, die er 1993 mit großem Starensemble an Originalschauplätzen in der Toskana verfilmte: vielerlei Kampf und Missverständnis zwischen den Geschlechtern, vorgeführt am Beispiel der schönen Hero und des Grafen Claudio, denen der finstere Don Juan (Keanu Reeves), ein klassischer „aufrechter“ Shakespeare-Schurke, durch allerlei Intrigen schwer zu schaffen macht, sowie an Benedict (Branagh) und Heros Cousine Beatrice (Emma Thompson), die sich das Leben und die Liebe mit spöttisch-gescheiten, fast screwballartigen Wortgefechten selbst schwer machen. Branagh drehte einen überaus lebens- und sinnenfrohen Film: In der sonnenüberfluteten italienischen Landschaft wird höchst übermütig gerannt, gehupft, getanzt, gespöttelt und chargiert – selbst die Kamera lässt sich zu allerlei Kapriolen und Extravaganzen hinreißen. Und macht damit fast vergessen, dass Shakespeares Komödien oft nur haarscharf an der Tragödie vorbeischrammen.

„Viel Lärm um nichts“ 13.8.–14.8. im Filmkunsthaus Babylon

LARS PENNING

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