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Kirchenkampf mit Bulldozern

In einem weißrussischen Ort lassen Behörden eine Kapelle der Weißrussischen Autokephalen Orthodoxen Kirche zerstören. Angeblich fehlte die Baugenehmigung

Für die Orthodoxe Kirche ist der autokephale Ableger „nicht existent“

BERLIN taz ■ Am Ende nützte aller Protest der Gläubigen dann doch nichts. In der Nacht zu Donnerstag vergangener Woche fielen Dutzende bewaffneter Uniformierter in die kleine weißrussische Stadt Pahranichny an der Grenze zu Polen ein und umstellten eine neu erbaute Kapelle samt dem Pfarreigebäude der Weißrussischen Autokephalen Orthodoxen Kirche. Kurz darauf rückten Bulldozer und Kräne an. 24 Stunden später und damit genau an dem Tag, an dem die Kapelle eigentlich hatte geweiht werden sollen, war das Zerstörungswerk vollbracht.

Die Order dazu war bereits am 23. Juli von einem Vertreter des örtlichen Exekutivkomitees ergangen. Zur Begründung hieß es, für den Bau einer Kirche habe keine Genehmigung vorgelegen. Ein erster Versuch, das Gotteshaus zu planieren, war drei Tage später am Widerstand eines Bulldozerfahrers und zahlreicher Demonstranten gescheitert. Zwei von ihnen wurden kurzzeitig festgenommen und wegen „unerlaubten Betretens von Grenzgebiet“ zu einer Geldstrafe verurteilt. Der 60-jährige Waleri Schukin, Mitglied des weißrussischen Helsinki-Kommittees für Menschenrechte und mittlerweile einer der exponiertesten Oppositionellen im Kampf gegen das autoritäre Regime von Staatspräsident Alexander Lukaschenko, kassierte sogar gleich eine 15 tägige Haftstrafe. Schukin hatte für die oppositionelle Zeitung Narodnaja Wolja über den Vorfall berichten wollen.

„Die Zerstörung zeigt eine komplette Ignoranz der Machthaber gegenüber der Respektierung religiöser Rechte“, sagt Harri Pahonyailo, Rechtsanwalt und einer der führenden Köpfe des Helsinki-Kommittees. „Ein Mangel an Respekt gegenüber Menschen, die sich offen zu dem Glauben bekennen wollen, den sie sich ausgesucht haben.“

Das rüde Vorgehen gegen die Weißrussische Autokephale Orthodoxe Kirche, die zu Sowjetzeiten im Exil überlebte und heute ihren Hauptsitz in den USA hat, kommt nicht von ungefähr. Denn der Kirche, die nach eigenen Angaben in Weißrussland mittlerweile 70 Pfarreien und 35 Priester hat, wurde, trotz mehrmaliger Versuche, bislang immer die offizielle Registrierung und damit Anerkennung verweigert. Und dies wohl nicht zuletzt auch, um den Machtanspruch der Weißrussischen Orthodoxen Kirche unter Moskauer Patriarchiat nicht zu gefährden. Für deren Vertreter ist der autokephale Ableger unter ihrem Oberhaupt Jan Spasiuk in Weißrussland schlicht „nicht existent“.

Was das bedeutet, bekam auch die oppositionelle Zeitung Nascha Niwa zu spüren. Anfang des Jahres hatte das Blatt Spasiuks Weihnachtsgrüße und Termine für Gottesdienste publiziert. Prompt erfolgte eine Verwarnung wegen Verstoßes gegen Artikel fünf des Pressegesetzes. Der schreibt vor, dass Massenmedien keine Informationen über nichtregistrierte, öffentliche Organisationen verbreiten dürfen.

Dafür, dass die Weißrussische Orthodoxe Kirche ihre Machtposition sogar noch ausbauen kann, hat jetzt auch das Unterhaus des Lukaschenko-hörigen Parlaments gesorgt, das am 27. Juni ein neues Religionsgesetz durchwinkte. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass nur noch solche religiösen Gemeinschaften registriert werden können, die mindestens 20 Mitglieder haben und seit mindestens 20 Jahren in Weißrussland aktiv sein müssen. Um sich auf nationaler Ebene offiziell registrieren lassen zu können, muss die Existenz von mindestens zehn bereits registrierten Religionsgemeinschaften nachgewiesen werden. Darüber hinaus muss jegliche Art von religiöser Literatur zwecks Vorabprüfung einer Expertengruppe vorgelegt werden, deren Mitglieder die Regierung ernennt. Den Segen der Weißrussischen Orthodoxen Kirche hat das Gesetz bereits. Den der zweiten Parlamentskammer und vom Staatspräsidenten höchst persönlich wird es zweifellos bekommen.

BARBARA OERTEL

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