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Vision nah am sozialen Leben

In einer Woche startet eine neue Staffel der Bremer Stadtentwicklungsgespräche mit Visionen auf das Jahr 2030. Schwerpunkt der Diskussionen: „Die zeitgerechte Stadt“, damit in 28 Jahren endlich Schluss ist mit misslich vertaner Zeit, Staus und verschlossenen Amtsstuben

Wer kennt solche Situationen nicht? Auf einmal wollen alle weg, und wenn alle das gleiche wollen, geht meist nichts mehr: Man steht im Stau. Man wartet endlos auf einen Anschlussbus. Oder man steht vor einer verschlossen Tür: „Stimmt ja“, denkt man dann vielleicht: „Heute ist Mittwoch, da öffnet die Bibliothek erst um 14 Uhr.“

Das städtische Alltagsleben stellt sich nicht selten als missliche Folge unnütz vertaner Zeit dar. Wer das nicht hinnehmen mag, findet bei den Stadtentwicklungsgesprächen (Thema: „Bremen. Die zeitgerechte Stadt“) vermutlich Gleichgesinnte. Am 13. August startet eine neue Folge dieser Gesprächsreihe, die in diesem Jahr die fünfte Auflage feiert.

Aus der futuristischen Jahreszahl könnte man schlussfolgern, dass es mit der zeitgerechten Stadt vielleicht doch nicht so konkret gemeint ist. Dem ist aber nicht so. Die Zahl geht zurück auf einen vom Bundesforschungsministerium und vom Deutschen Institut für Urbanistik ausgeschriebenen Ideenwettbewerb Stadt 2030. Hier wurde die Hansestadt unter 160 Bewerbern als eine von etwa zwanzig Projektstädten ausgewählt. Und gelobt wurde gerade die konkrete Dimension des bremischen Ansatzes. Die Idee der zeitgerechten Stadt sei eine Vision, die sich nicht in einem fixierten Bild erschöpfe – wie etwa das bekannte Leitbild der „kompakten Stadt“ –, sondern näher am sozialen Leben dran sei.

Das Bremer Projekt zeichnet sich – neben der Entwicklung von Langzeitperspektiven – in der Tat durch unmittelbare pragmatische Zugänge aus. Man will an konkreten Orten für konkrete Stadtbewohner infrastrukturelle Verbesserungen erzielen. Da gibt es zum Beispiel Ansätze zu einem „Mobilitätspakt“ mit den Sebaldsbrücker DaimlerChrysler-Arbeiter oder ein Projekt zur Kinderbetreuung im Stadtteil. „Aktionsforschung“ nennt das Professor Ulrich Mückenberger von der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik als einer der Projektkoordinatoren und -leiter.

Neben dem prozessualen, auf die unmittelbaren Lebenserfahrungen zielenden Ansatz ist das Projekt auch durch seine interdisziplinäre Ausrichtung gekennzeichnet. Diese Vielfalt der Zugangsmöglichkeiten spiegelt sich nicht zuletzt in den Themen und Referenten der vier Stadtentwicklungsgespräche. In dem ersten geht es um die Frage, inwieweit Urbanität unter den Bedingungen jüngerer Stadtentwicklungen noch als Leitkategorie taugt. Im zweiten wird die Frage der Mobilität unter verschiedenen Aspekten diskutiert. Das dritte beschäftigt sich mit der Situation von Kindern in den Städten. Das vierte fragt schließlich nach den Zwängen und Spielräumen städtischer Ökonomie.

Man weiß natürlich, dass wesentliche Maßnahmen der Stadtentwicklung – man denke nur an den neuen Großmarkt – nie in einem öffentlichen Forum, wie es die Stadtentwicklungsgespräche darstellen, diskutiert wurden: Allenfalls im Nachhinein. Gleichwohl steht oder fällt eine solche Veranstaltung mit der Fähigkeit, Impulse für die Praxis zu geben. Dass es die Stadtentwicklungsgespräche immer noch gibt, deutet darauf hin, dass sie nicht ganz unwirksam waren.

Eberhard Syring

Die erste Veranstaltung läuft unter dem Titel „Die Stadt – ein Auslaufmodell?“ am Dienstag, 13. 8., um 16 Uhr im Festsaal des Rathauses.

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