: Abgespeckter Hartz
Die Kommission zur Reform des Arbeitsmarktes legt Bericht vor. Ihr Ziel: In drei Jahren soll die Zahl der Arbeitslosen um zwei Millionen sinken
BERLIN rtr ■ Die Hartz-Kommission hat sich einstimmig auf ein Konzept zur Verringerung der Arbeitslosigkeit geeinigt und dabei ihren ursprünglichen Vorschlag pauschaler Leistungskürzungen für Arbeitslose verworfen. Der so genannte Job Floater, eine auf dem Kapitalmarkt zu finanzierende Anleihe für Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen, könnte nach Angaben eines Kommissionsmitglieds statt 150 nur rund 20 Milliarden Euro umfassen. Der Vorsitzende der Kommission, VW-Personalvorstand Peter Hartz, sagte am Freitag, das Konzept sehe individuelle Kürzungen bei Arbeitslosen vor. Er bekräftigte zudem das Ziel, die Arbeitslosenzahl innerhalb von drei Jahren um zwei Millionen zu halbieren.
Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) erklärte, Arbeitslose, die nicht die geforderten Gegenleistungen erbrächten, müssten mit Einschnitten rechnen. Die Zumutbarkeitsregeln zur Annahme einer Stelle sollen dabei deutlich verschärft werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) kündigte am Abend an, das Kabinett wolle die Vorschläge bereits am Mittwoch verabschieden. Er wertete das Konzept als „großen Wurf“. Schröder hatte die Kommission einberufen, um Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu entwickeln. Er erhofft sich davon angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, in einem entscheidenden Wahlkampfthema noch kurz vor der Wahl Punkte zu sammeln. Die Vorschläge wurden nach Angaben von Kommissionsmitgliedern einstimmig angenommen, um den Reformdruck auf die Regierung zu erhöhen. Bis zuletzt war auch ein geteiltes Votum nicht ausgeschlossen worden.
Als weitere Reform sollen die Sozialbeiträge für Niedriglohnjobs bis 500 Euro pauschal von bislang 22 auf 10 Prozent gesenkt werden. Die Regelung ist jedoch auf haushaltsnahe Berufe beschränkt. Tiefensee sagte zudem, die Kommission habe vereinbart, die Umsetzung der Vorschläge Ende Juni 2005 kritisch zu prüfen. Sollte bis dahin die Zahl der Arbeitslosen nicht signifikant gesunken sein, „dann wird zu entscheiden sein, dass Paket wieder aufzumachen.“ Auch pauschale Leistungskürzungen für die Arbeitslosen seien dann nicht ausgeschlossen. Einen Automatismus gebe es hier aber nicht. Er gehe davon aus, mit dem jetzigen Konzept die Zahl der Erwerbslosen zu senken.
Kommissionsmitglied Jobst Fiedler von der Unternehmensberatung Roland Berger nannte die Vorschläge ein schlagkräftiges Instrument, die Arbeitslosigkeit zu senken. Er hob hervor, dass die Zumutbarkeitsregeln für Arbeitslose, eine Stelle anzunehmen, bei Umsetzung der Vorschläge deutlich verschärft würden. „Der Anspruch von Leistung und Gegenleistung ist glasklar formuliert“, sagte Fiedler. Das Konzept sehe auch vor, dass die Vermittler in den Arbeitsämtern vor Ort deutlich mehr Eigenverantwortung bekommen. Die Organisation der Bundesanstalt für Arbeit soll rationalisiert und das dort eingesparte Geld zur Vermittlung eingesetzt werden. Die Zahl der Vermittler könnte sich damit deutlich erhöhen. Die Halbierung der Arbeitslosigkeit in den nächsten drei Jahren bezeichnete er als ein realistisches und gut durchgerechnetes Ziel.
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