: Grobe rechte Hand
CDU-Abgeordneter Heino Vahldieck wird ohne Ausschreibung neuer Chef des Hamburger Verfassungsschutzes. Opposition wittert schwarzen Filz
von SVEN-MICHAEL VEIT
Der neue Chef des Hamburger Verfassungsschutzes gab sich geheimnisvoll. Über die „Einblicke in die Arbeit“, die er noch nicht habe, könne er folglich noch nichts sagen, und die „Einblicke, die ich habe, sind vertraulich“, weshalb er darüber zu schweigen gedenke: Ein Mann, kein Wort – Heino Vahldieck scheint für seine neue Aufgabe und die „große Verantwortung dieses Amtes“ prädestiniert zu sein. Findet zumindest der Schwarz-Schill-Senat, der den 47-jährigen Bürgerschaftsabgeordneten der CDU gestern zum neuen Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz ernannt hat.
Amtsinhaber Reinhard Wagner (CDU) wechselt morgen ins Rathaus als Direktor der Bürgerschaftskanzlei. Für Vahldieck rückt der frühere CDU-Abgeordnete Michael Fuchs ins Parlament nach. Der 52-jährige Wandsbeker betreibt drei Altenpflegestationen und Seniorenparks.
Verwaltungsjurist Vahldieck besitze alle „fachlichen und persönlichen Voraussetzungen“, rühmte sein künftiger Dienstvorgesetzter Ronald Schill gestern auf der Landespressekonferenz im Rathaus den bisherigen Regierungsdirektor in der Wirtschaftsbehörde. Dort leitet er das Landeskartellamt.
Für den Posten des Verfassungsschutzchefs, für den Vahldieck zum Leitenden Regierungsdirektor befördert und höher besoldet wird als sein Vorgänger Wagner, qualifiziere ihn vor allem, so Schill, sein Vorsitz des Innenausschusses der Bürgerschaft sowie seine langjährige Mitgliedschaft im Ausschuss zur parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste – die Gremien also, in denen er seine bisherigen „vertraulichen Einblicke“ gewonnen hat. In seinen Reden im Parlament hat Vahldieck sich vor allem als hartbeiniger Sicherheitspolitiker hervorgetan, dem selbst ein Schill kaum das Wasser reichen kann.
Ein „Insider der Materie“ sei Vahldieck, lobt denn auch der Senator seine neue rechte Hand fürs Grobe, und „befähigt wie kaum ein anderer“. Weshalb denn auch der Senat für eine öffentliche Ausschreibung dieser Position „absolut keine Notwendigkeit“ sehe. Zu ihren Oppositionszeiten hatte die CDU die Forderung nach Ausschreibung von Stellen im öffentlichen Dienst beredt im Munde geführt; auch FDP und Schill-Partei hatten darin ein wirksames Mittel gegen sozialdemokratischen Filz gesehen. Aber die SPD regiert ja nicht mehr, und das ändert die Argumentation.
Es sei „nicht hinnehmbar, dieses Amt zeitweise unbesetzt zu lassen“, verteidigte sich Schill gegen kritische Fragen. Gerade im Hinblick auf den nahenden 11. September müsse „die Stadt ständig in sicheren Händen sein“.
Eher filzige Hände vermutet die SPD. „Binnen Stunden“ sei ein „Jugendfreund des Ersten Bürgermeisters mit einem lukrativen Posten versorgt worden“, befand SPD-Innenpolitiker Michael Neumann. Unter sozialdemokratischen Senaten sei „es immer üblich gewesen, diese hochpolitische Stelle im Einvernehmen aller Parteien zu besetzen“. Den Hinweis auf die Sicherheitslage, die keine Zeit für eine Ausschreibung lasse, findet Neumann „lächerlich“.
Ein Vorhalt, den Schill kaltlächelnd abtut. Sein SPD-Amtsvorgänger Hartmuth Wrocklage habe den Posten des Polizeipräsidenten mit Arved Semerak (CDU) und zuletzt Justus Woydt (SPD) per Ausschreibung „zwei Mal fehlbesetzt“. Allein daraus lasse sich ersehen, so sieht es Schill, dass man nicht auf den Markt gehen müsse, wenn man einen „so profilierten Kandidaten“ zur Hand habe.
Zumal er bei Vahldieck sicher sein kann, dass dieser ihm auch zur Hand geht.
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