strafplanet erde: payback miles and mohren von DIETRICH ZUR NEDDEN
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In aller Behaglichkeit plauderten wir von diesem und jenem, da knallte die Agenturmeldung aus dem Ticker auf den Bildschirm. In der Überschrift ein Thema, das von der Seite eins längst verschwunden war. Die Bonusmeilen. Nun sind sie mit umgekehrtem Dü-senantrieb zurück.

Ein Vorstoß der FDP-Parteizentrale sorgt in Berlin für Furore. Um die unselige Debatte um private Freiflüge von Abgeordneten konstruktiv zu versachlichen, legten die Liberalen gestern ein Konzeptpapier vor. Wie Kanzlerkandidat Westerwelle erläuterte, will er den Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse auffordern, mit der Lufthansa neu zu verhandeln. Ziel sei es, die Bonusmeilen-Regelung zugunsten der Steuerzahler maximal zu optimieren. „Wir erwarten von der Lufthansa, jede einzelne aus Deutschland erfolgte Abschie-bung, die mit Lufthansa-Maschinen vollzogen wird, auf ein gemeinschaftliches Bonusmeilen-Konto des Bundestags anzurechnen“, sagte der Parteivorsitzende auf einer Pressekonferenz. Allein im Jahr 2001 seien über 31.000 ausländische Staatsangehörige auf dem Luft-weg von deutschen Flughäfen „zurückgeführt“ worden. „Wenn auch längst nicht alle per Lufthansa“, sagte Westerwelle, „kommen so doch etliche Miles and More zusammen, zumal viele Abschiebungen ja in Afrika oder Asien enden.“

Abgelehnte Asylbewerber, nicht länger geduldete Flüchtlinge, Straftäter, Green-Card-Erschleicher – sie alle könnten mit ihrer Rückführung die Staatskasse entlasten. Ein Gedanke, der umso vernünftiger wäre, als ja hinlänglich bekannt sei, dass die in ihr Heimatland Zurückgeführten hierzulande in der Regel erhebliche Kosten verursacht hätten. Die Bonus-Meilen der begleitenden Sicherheitskräfte in immerhin über 24.000 Fällen könnte der Staat obendrein den kleinen und mittleren Betrieben zur Verfügung stellen, ohne diese gleich wieder als geldwerten Vorteil zu besteuern. Das sei konkrete Mittelstandsförderung. Abschließend meinte der gut aufgelegte und quietschmobile Westerwelle augenzwinkernd, man würde aber nicht so weit gehen, jetzt auch VIP-Lounges in Asylbewerberheimen zu verlangen.

In CDU-Kreisen hieß es, der Vorschlag sei ein erfrischend unkonventioneller Gedanke. Auch die SPD-Führung äußerte Anerkennung. Die Idee sei ein bisschen aus dem Hut gezaubert, meinte Bundesgeschäftsführer Müntefering, aber wenn es ums Sparen ginge, dürfe es keine Scheuklappen geben. Die Grünen bezeichneten das Konzept als „Geschmacklosigkeit“, dennoch wolle man keine Denkverbote erteilen. Der Bund der Steuerzahler zeigte sich begeistert.

Einig sind sich alle darin, die Diskussion zügig zu führen, damit der Vorschlag nicht zerredet würde. Eine Stellungnahme Thierses steht noch aus. Womöglich komme die Initiative zu spät, verlautete aus dem Umfeld des Bundestagspräsidenten, und die Bundesrepublik lasse sich längst die Abschiebemeilen anrechnen. Man wolle den Sachverhalt prüfen, um Peinlichkeiten zu vermeiden. So oder so – die Freiflugdebatte ist wieder eröffnet.