Mädchenpower

14. Shell-Jugendstudie entdeckt die 12- bis 25-Jährigen als „Ego-Taktiker“. Jungen sollen sich „warm anziehen“

BERLIN taz ■ Die 14. Shell-Jugendstudie kommt zu dem Ergebnis, dass künftige Mädchengenerationen denen der Jungen überlegen sein werden. Sie sind ehrgeiziger, karrierebewusster und haben die männliche Konkurrenz in den Realschulen und Gymnasien bereits überrundet.

Die Studie, die am Montag veröffentlicht werden wird, erscheint alle zwei Jahre, gilt als Seismograph sozialer Entwicklungen und hat diesmal den „Ego-Taktiker“ als neuen Sozialtypus ausgemacht. Er unterscheidet sich nicht sonderlich von seinen Eltern. Die heute 12- bis 25-jährigen jungen Menschen sind ichbezogen, pragmatisch, praktisch und zu allererst auf den eigenen Vorteil bedacht. Das Vergnügen in der Spaßgesellschaft ist ihnen ebenso wichtig wie der wirtschaftliche und soziale Erfolg.

Der Leiter der Studie, der Bielefelder Soziologe Klaus Hurrelmann, sagte dem Magazin Stern in einem heute erscheinenden Interview, die neue Generation orientiere sich vor allem an der vorhergehenden und wolle genauso wie ihre Eltern leben: „Sie wollen es einmal zu etwas bringen.“ Sicheres Einkommen, ein fester Arbeitsplatz und eine enge und dauerhafte Partnerschaft seien den Jugendlichen das Wichtigste.

Vor allem Mädchen seien schon als 13-Jährige damit befasst, sich Gedanken über ihre Zukunft zu machen. Sie wollten zwar meist eine Familie und Kinder, aber deshalb keinesfalls auf Ausbildung und Beruf verzichten. Dies sei nicht mehr nur das Privileg „höherer Töchter“. Sie rechneten damit, sich wegen der Doppelbelastung in Familie und Beruf mehr anstrengen zu müssen als Jungen. Denen sei der Gedanke, diese Rollenverteilung in Frage zu stellen, noch nicht gekommen. Sie wähnten sich noch immer so im Vorteil wie ihre Väter und Großväter, kämen aber ins Hintertreffen, denn Mädchen seien dabei, eine Mentalität zu entwickeln, „wie wir sie früher nur von jungen Männern kannten“. Man könne, so Hurrelmann, „schon von einem Rollentausch reden“. Wenn die Jungen mithalten wollten, dann müssten sie sich in Zukunft „warm anziehen“.

Die große Politik interessiere die mit der Karriereplanung beschäftigten Jugendlichen beiderlei Geschlechts herzlich wenig , es sei denn, sie seien persönlich betroffen. Dann engagieren sie sich zum Beispiel gegen Studiengebühren, Lehrermangel und Sparmaßnahmen. Zur Wahl, vermutet er, werden höchsten 60 Prozent gehen. Auch die Mitarbeit in politischen Parteien und das Engagement in großen Organisationen sei ihnen nicht geheuer: „Die Jugend hat eine Scheu vor großen, undurchsichtigen Apparaten.“ Einmal drin, fürchteten sie, seien sie auf immer eingefangen: „Das sind keine Anti-, sondern sehr bequeme Demokraten.“ HEIDE PLATEN