piwik no script img

vorlauf bühne Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Sanft werden die Berliner nach diesem Sommer jetzt wieder an Kultur herangeführt: durch ihre Verknüpfung mit einem Ausflug ins liebliche Neuhardenberg, das zu DDR-Zeiten den schönen Namen Marxwalde trug. Denn lang war das märkische Städtchen samt Schloss der Sitz derer von Hardenberg, was den DDR-Oberen entschieden zu feudalistisch war. Da half es auch nichts, dass der berühmteste Spross des Hauses im Künstlerleben Novalis hieß. Inzwischen ist aus Marxwalde wieder Neuhardenberg geworden, das Schloss restauriert und Stätte der Kultur. Hierhin nun laden Schloss und Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz zu Martin Wuttkes Fasssung von Dostojewskis „Aufzeichnungen aus einem Kellerloch“. Ein finanziell und moralisch ruinierter Mann reist durch Westeuropa und ist vom Ekel über sich selbst und die europäische Zivilisation erfüllt. Zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn, (also um 17 Uhr) fährt ein Bus ab Ostbahnhof (ab 24. 8.) Spätestens seit seiner legendären Arturo-Ui-Darstellung gilt Wuttke als kongeniale Besetzung psychopathisch angelegter Männerrollen. Gute Frauenrollen sind in der dramatischen Literatur ungleich dünner gestreut (und das, obwohl meistens Mädchen zum Theater wollen). Die britische Dramatikerin Caryl Churchill, deren subtiler Realismus uns zuletzt in der Schaubühne („In weiter Ferne“) das Fürchten lehrte, hat mit ihrem 1981 entstandenen Stück „Top Girls“ ein Zeichen gesetzt. Sieben Schauspielerinnen spielen sechzehn Rollen, in einem Stück, das vom Glamour der Geschichte erzählt, dessen Preis bis heute immer nur die Frauen bezahlen. Die „Friends of Italian Opera“ spielen das Stück im Original, das heißt in englischer Sprache (ab 23. 8.).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen