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Im Bus bis an die Fluten

Wegen des Elbehochwassers herrscht Chaos am Bahnhof Zoo. Züge fahren außer Plan oder gar nicht. Die Bahn setzt auf Schienenersatzverkehr mit Bussen. Reisende warten

Die Anzeigetafel täuscht Normalität vor. Dort steht der IC 871 nach Dresden mit Abfahrtszeit 11.26 Uhr angeschlagen. Dass die Lage im Bahnhof Zoo wegen der Hochwasserkatastrophe jedoch alles andere als alltäglich ist, zeigen die Menschentrauben, die sich um Angehörige des Servicepersonals der Bahn gebildet haben. Auch in den langen Warteschlangen am Servicepoint stehen Menschen, die nach Dresden, Leipzig oder Magedeburg wollen und nicht weiter wissen.

Einer von ihnen ist Wolfgang Anders. Der Magdeburger ist noch am Morgen wie üblich mit dem Zug zu seinem Arbeitsplatz am Zoo gependelt. Nun hat er im Radio gehört, dass die Strecke gesperrt sei und nutzt seine Mittagspause, um Näheres zu erfahren. „Das Internet ist nicht aktuell, und auch in Radio und Fernsehen sind die Informationen eher allgemein gehalten“, bedauert er.

Tatsächlich muss Anders von der freundlichen Bahnbeamtin erfahren, dass sein Zug nicht mehr bis Magdeburg fährt. Von Burg aus werde aber ein Bus angeboten. Für Wolfgang Anders und die anderen Pendler bedeutet das vor allem längere Fahrzeit. „Aber bei einer solchen Katastrophe nimmt man einiges in Kauf, zumal ich froh sein muss, noch ein trockenes Zuhause zu haben“, sagt Anders. Allerdings würde er sich wünschen, dass die Bahn Informationen über geschlossene Strecken oder Ersatzverkehr schnell und umfassend über den Verkehrsfunk senden würde. „Schließlich weiß ich noch nicht, wie ich morgen zur Arbeit kommen soll“, so Anders.

Auch vor dem Bahnhof herrscht Betrieb. Dort warten Reisende auf den Ersatzbus, der sie alle zwei Stunden nach Leipzig bringen soll. Nun ist der Bus schon 20 Minuten verspätet. Eine Schulklasse aus Neumünster auf Klassenfahrt ins bayerische Kronach nimmt die Wartezeit gelassen. „Wir haben Ferien“, sagt ihr Lehrer Horst Rienau.

Weniger ruhig ist die Leipziger Studentin Anita Pieronczyk. Sie muss um 15 Uhr in Leipzig anfangen zu arbeiten. Um Mitternacht hat sie sich im polnischen Leibiz auf den Weg gemacht. „In Cottbus hätte ich umsteigen sollen, doch da hat man mir gesagt, von Berlin führe um 9.25 Uhr ein ICE nach Leipzig“, so Pieronczyk. Eine Fehlinformation, wegen der sie nun seit zwei Stunden am Zoo sitzt. Auch der Hallenser Ludwig Ehrler beschwert sich über mangelnde Auskünfte seitens der Bahn: „An den Servicepoints am Ostbahnhof muss man lange warten, und es gibt keine provisorischen Hinweistafeln oder Lautsprecherdurchsagen“.

„Wir bemühen uns, alle Reisenden an ihr Ziel zu bringen, soweit das möglich ist“, erklärt dagegen Andreas Fuhrmann, stellvertretender Pressesprecher der Bahn für Berlin und Brandenburg. In den Zügen und auf den Bahnsteigen würden die Verbindungen durchgesagt, am Bahnhof Zoo gebe es Hinweisschilder, welche die Reisenden zum Busbahnhof geleiten, so Fuhrmann. Außerdem sei Servicepersonal im Bahnhof und an den Bushaltestellen unterwegs, um Fragen zu klären. Es gebe allerdings immer noch viele Leute, die den Ernst der Lage nicht begriffen hätten. „Manche Orte sind völlig abgeschnitten, und zwischen der tschechischen Grenze und Stendal kann kein Zug die Elbe überqueren“, erklärt Fuhrmann. DPA

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