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„Uns stört das Misstrauen“

Fast hätten auch Wirtschaft und Oppositionsparteien die Pläne der Hartz-Kommission gelobt. Und die Betroffenen? Interview mit der Aktionsgemeinschaft arbeitsloser Bürgerinnen und Bürger (AGAB)

Von einem „schönen Tag für die Arbeitslosen“ sprach Peter Hartz, als er vergangene Woche seine Pläne zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit vorstellte. Die taz fragte Thomas Beninde von der Aktionsgemeinschaft arbeitsloser Bürgerinnen und Bürger (AGAB), wie Betroffene die Sache sehen.

taz: Wenn Hartz sein Versprechen einlöst, müßte sich die Zahl der Arbeitslosen in Bremen bis 2003 auf rund 20.000 halbieren. Warum kritisiert die AGAB das Konzept?

Thomas Beninde: Wir haben etwas gegen die Mittel, nicht gegen das Ziel. Ohnehin befürchte ich, dass Herr Hartz es genau so wenig umsetzen kann wie seinerzeit Gerhard Schröder.

Warum?

Natürlich muss die Arbeitsvermittlung besser organisiert werden – aber das eigentliche Problem ist doch der Arbeitsmarkt: Es gibt keine Arbeit! Personalserviceagentur, Ich AG und Mini-Jobs erhöhen nur den Druck auf die Erwerbslosen.

Hartz will den Niedriglohnbereich stärken. Es ist doch nicht falsch, so gerade Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg in den Beruf zu ermöglichen, oder?

Es gibt schon genug working poor. Derzeit steckt jeder zehnte Sozialhilfeberechtigte in Bremen in einem Beschäftigungsverhältnis, ohne dass sein Lohn für ein anständiges Leben reicht. Diese Zahl dürfte mit den Hartz-Plänen steigen. Wenn der Niedriglohnsektor gestärkt wird, führt das zu Dumpinglöhnen für alle Beschäftigten.

Die BSAG würde sofort 25 Arbeitslose von der geplanten Personalserviceagentur ausleihen. Wo ist das Problem?

Leiharbeit ist nur ein kurzfristiger Erfolg gegen die Arbeitslosigkeit. Schon jetzt gibt es Leiharbeitsfirmen en masse. Viele verdienen an der Arbeitslosigkeit, ohne dass der Erwerbslose selbst davon profitiert. Mein Ziel wäre ein Dauerjob mit ausreichender Bezahlung. Die Springer, die die Straßenbahn will, lösen das Problem nicht.

Viele Jobslose gelten als „unflexibel“ – auch diese Leute will Hartz jetzt in Arbeit bringen.

Auch hier machen wir andere Erfahrungen: Die Arbeitslosen sind besser als ihr Ruf. Die Zumutbarkeitsregeln, eine Arbeit anzunehmen, sollen gesenkt werden. Dabei verdienen diese Grenzen schon heute kaum mehr den Namen: Es gibt keinen Berufs- und keinen Bestandsschutz für die Qualifikation. Arbeitslose müssen jeden Job annehmen, wenn die Fahrzeit nicht 2,5 Stunden überschreitet und der Lohn netto höher liegt als die Leistungen vom Arbeitsamt. Sonst gibt es Sperrzeiten. Das führt zur Abqualifizierung der Arbeit. Flexibel von Flensburg bis Garmisch – das geht eindeutig zu weit.

Eine sofortige Meldepflicht soll Neu-Joblose schneller zurück auf den Arbeitsmarkt bringen. Was ist daran falsch?

Die Leute, die gerade arbeitslos geworden sind, suchen ohnehin meist besonders intensiv nach Jobs – sie brauchen nicht dazu verdonnert zu werden. Wenn die Meldepflicht mit Sanktionen verbunden ist, kann ich das nur als Schikane abhaken. Uns stört generell das Misstrauen, mit denen Hartz Arbeitslosen begegnet.

Was würde denn Ihrer Meinung nach die Misere lindern?

Das Schlimme ist, dass Stoiber & Co. es nicht anders machen werden. Wer redet heute noch von Arbeitszeitverteilung oder Überstundenabbau?

Fragen: Kai Schöneberg

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