: Dumme Dietrich, schlaue Leni?
Leider vorgeführt: Gisela Uhlen und Gisela May stellten im FaF das von ihnen eingesprochene Hörspiel „Marleni“ vor
Donnerstagnacht im Filmtheater am Friedrichshain. Drei Leute sitzen auf der Bühne und schweigen. Ein Zuschauer moniert laut, dass der Moderator „so’n Scheiß“ mache. Der Rest des Publikums stimmt dem zu. Die beiden Damen, die mit dem Moderator Michael Töteberg auf der Bühne sitzen, wahren mühsam die Fassung. Dabei haben es Gisela Uhlen und Gisela May nun wahrlich nicht verdient, in einer miserablen Veranstaltung vorgeführt zu werden. Das Drama begann bereits mit dem Hörspiel, das vorgestellt werden sollte.
Verfasst von der Krimiautorin Thea Dorn, „die ihr Pseudonym als kleinen ,Racheakt‘ an Theodor W. Adorno“ (WDR-Pressetext) sieht, geht es im Hörspiel „Marleni“ um Leni Riefenstahl und Marlene Dietrich. Frau Dorn, die sich vielleicht für eine Feministin hält, hatte einen Einfall – Riefenstahl bedrängt die bettlägerige Dietrich, sie möge einen letzten und ihren „größten“ Film mit ihr drehen. Die Dietrich aber lehnt ab, sie ist „zu Tode fotografiert“.
Um beide Frauen als „starke“ zu präsentieren, muss Dorn die Antifaschistin Dietrich zu einer tapferen, unpolitischen Hure machen, dieweil Leni eine asexuelle Selbstverkörperung angestrebt habe.
Kennt man die Biografien der beiden, ist diese „feuchte Fantasie“ (Dorn) die reine Lüge, in der die Dietrich dumm sein muss, damit Leni schlau bleibt. Denn nur so können sie, die unterschiedlicher nicht sein können, „Schwestern“ werden, das alles selbstredend auf dem Boden der deutschen und ihrer „Geschichte“. Das Hörspiel, von Uhlen und May vor einigen Jahren eingesprochen, ist nun zum 100. Geburtstag von Leni Riefenstahl als Hörbuch erschienen und sollte in einer „Langen Nacht der Diven“ präsentiert werden.
Wo Riefenstahl eine Diva ist, bleibt ein Geheimnis. Für Gisela Uhlen und Gisela May aber ist sicher, dass sie Diven sind. Auch müssen sich beide nicht über Antifaschismus belehren lassen, ihr Werk steht dafür. Sie sind Profis, und obschon der Text miserabel ist, ist ihre Schauspielkunst groß. Nun wurden sie auf die Bühne gebeten, Töteberg kam hinzu, die Bühne war falsch aufgebaut und ein Techniker hängte der Uhlen, die sich vorgenommen hatte, den Abend zu genießen, ein Mikrofon so vor die Nase, dass man sie nicht mehr sah. Der Filmhistoriker Töteberg versuchte ein Gespräch, war jedoch nicht vorbereitet oder von Lampenfieber gehandicapt. Von der Nazizeit der Riefenstahl wollte er nicht sprechen, Gisela Uhlen sollte sich jedoch dazu äußern. Der war die Situation peinlich.
Nach der dann erfolgten Aufführung des Hörspiels (von CD, Uhlen und May durften nicht lesen) wurden die beiden Damen erneut auf die Bühne gebeten. Wieder wusste Töteberg nichts zu sagen, doch diesmal nahm ihm die May die Moderation ab. Thea Dorn habe nicht zur Verfügung gestanden, als Uhlen und May, die sich als Dietrich-Fan zu erkennen gab, mit ihr über das Problem des Hörstücks reden wollten. Sie, May, habe das Stück, vor allem die Musikbeiträge, für überinszeniert gehalten, der Komponist habe nichts beigesteuert. Dennoch lohne es sich, über das Stück zu reden. Durch Mays Eingriff schien an dem Abend dann doch noch einmal Geist auf. Man hätte die Damen gleich allein reden lassen sollen.
JÖRG SUNDERMEIER
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