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Vorlesungen für Verpennte

Seit einem Jahr bietet die Bremer Uni virtuelle Klassenzimmer an. Die Studis finden‘s gut, die Professoren müssen sich daran gewöhnen, in der Nähe des Katheders zu bleiben

Bildungssenator Willi Lemke (SPD) sprach von einem „Quantensprung“, Universitäts-Rektor Jürgen Timm lobte den „Vorsprung Bremens in Konkurrenz zu anderen Universitäten, vor allem zu jenen in den USA“ – jetzt ist es ein Jahr her, dass an der Uni erstmals virtuelle Vorlesungen gehalten wurden. Zeit, Bilanz zu ziehen. „Klar war das ein Erfolg“, meint Bernd Dieter Drawe von Bremen Briteline gestern auf der Dotcom-Messe „Mittelstandonline“ (siehe Bericht unten). Briteline ist die Firma, die die Software für „D-Lecture“ erstellt hat.

Verpennt? Keine Zeit? Keine Lust? Wer sich die Uni vom Schreibtisch zu Hause oder sonstwo anschauen möchte, hat in Bremen dazu seit zwei Semestern Gelegenheit. Ob „Umweltmanagement“, „Risikoforschung“ oder „Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre“ – einen Tag später ist alles im Netz, Erläuterungs-Folien, -Filmchen oder -Textchen inklusive.

Das „D-Lecture“-Projekt filmte neun Veranstaltungsreihen mit insgesamt 120 Veranstaltungen, an denen real 600 Studenten teilnahmen. „Ein Drittel mehr haben die Veranstaltungen ausschließlich am Rechner verfolgt“, schätzt Drawe, der im vergangen Jahr insgesamt 16.000 Besuche und 70.000 Seitenzugriffe gezählt hat.

Laut einer Umfrage fanden die Bremer Studenten das Projekt immerhin ansprechend. 72 Prozent sagten, „D-Lecture“ bringe eine Verbesserung der Lehre. Jeweils die Hälfte nutzte die Internet-Vorlesungen zur Nachbereitung oder, weil sie die Veranstaltungen versäumt hatten. Bemängelt wurden die teuren Zugangsmöglichkeiten. Um die virtuelle Vorlesung am Heim-PC zu verfolgen, benötigen die StudentInnen einen DSL-Anschluss. Die Telekom hat bereits Interesse am Bremer Projekt bekundet und plant, Teilnehmern ein spezielles DSL-Angebot vorzulegen.

Neuland war „D-Lecture“ auch für die Profs: Sie durften nicht zu dunkle Anzüge anziehen und sich während der Vorlesungen nicht zu weit vom Katheder entfernen – beides Gift für die nicht besonders sensiblen und fest montierten Kameras.

Natürlich soll das „D-Lecture“ jetzt weiter vermarktet werden: Immerhin ist schon die IUB interessiert. Zunächst fangen bald wieder neue Uni-Vorlesungen per „Video on demand an“. Ein paar mehr Studenten könnten es diesmal schon sein, meint Drawe. „Das E-Learning ist derzeit in einer Konsolidierungsphase: Die virtuellen Klassenzimmer sind noch relativ leer.“ ksc

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