: Krabbelversuch im Tal
FC St. Pauli siegt mit Ach und Krach 2:1 im Pokal bei Tennis Borussia Berlin und holt sich damit das erste kleine Erfolgserlebnis der Saison
von MARCUS VOGT
Vor Anpfiff des Pokalspiels beim Berliner Oberligisten war Holger Stanislawski zuversichtlich: „Wir spielen nach vorne – noch sind wir Zweitligist!“, sagte St. Paulis Kapitän und warf dabei die Frage auf, ob er das Wort „noch“ versehentlich gebrauchte.
Zunächst lief das Match entsprechend seinen Wünschen, schob doch Niko Patschinski nach vier Minuten einen Lattenabpraller ins Netz. Der Treffer warf blitzartig das auf Abwarten ausgerichtete Konzept von TeBe-Coach Peter Ränke über den Haufen und bildete quasi einen Vorgeschmack auf wenige Minuten später überfallartig einsetzenden Regen und Donner. Borussen-Keeper Thomas Joos unterstützte bei diesem Führungstor die Hanseaten nach Kräften, da er den vorausgehenden Freistoß von Markus Lotter vollkommen falsch berechnet hatte, und auch beim Kopfballtor von St. Paulis Neuzugang Chen Yang (64.) agierte der Ballfänger unglücklich.
„Der Pokalsieg stärkt das Selbstvertrauen“, skizzierte St. Paulis Übergangs-Trainer Joachim Philipkowski den Erfolgseffekt, doch wie dieser Erfolg zu Stande kam, eignet sich kaum zur mentalen Aufbauarbeit. Denn abgesehen von einer weiteren Patschinski-Chance (82.) war es das weitgehend mit St. Paulis Herrlichkeit. Nach 25 Minuten hatten die „Veilchen“ den frühen Rückstand verdaut und setzten zum Sturmlauf an. Ein Klassenunterschied war nur daran erkennbar, dass es dem jungen Berliner Team an Cleverness im Abschluss mangelte. „Es wurmt mich mächtig, dass wir gegen so eine höherklassige Mannschaft ausgeschieden sind“, analysierte Peter Ränke die verpasste Chance auf den Einzug in die nächste Runde des DFB-Pokals.
„Wir müssten einen Oberligisten eigentlich klar dominieren“, merkte der überzeugende Markus Lotter korrekt an und sah das Mittelfeld als die Schwachstelle eines verunsicherten Pauli-Teams. Vor allem die vielen Unterzahlsituationen, in denen sich Lotters Abteilung wiederfand, sowie das eher mann-orientierte Verhalten des Fünfer-Blocks boten Anlass zur Kritik. Auch die Drei-Mann-Abwehr schwamm, obwohl Libero Stanislawski seine Leute mit Anweisungen überschüttete. „Das schnelle 2:1 nach Yangs Tor war tödlich“, interpretierte Coach Philipkowski nicht ganz richtig den Spielverlauf, womit er en passant Goali Henzler rüffelte, der sich verschätzt hatte. Verschätzt hatte sich dagegen nicht Hellerseher Stanislawski, der vor der Partie Paulis Erfolgsrezept: preisgab: „Wir müssen irgendwie gewinnen.“ Eine Wiederholung ist nicht wünschenswert.
Tennis Borussia: Joos, Kindt, Novacic, Wolchow, Meyer, Manteufel, Walle, Krznaric (Biran, 23.), Felsenberg (Radtke, 63.), Kraljevic, Wegier
St. Pauli: Henzler, Stanislawski, Scheinhardt, Basic, Lotter, Gruszka, Meier (Inceman, 73.), Kolinger, Racanel (Traub, 89.), Yang (Kurbjuweit, 75.), Patschinski
Tore: 0:1 Patschinski (4.), 0:2 Chen Yang (64.), 1:2 Radtke (66.)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen