Viel Gift für ein bisschen Gold

Im rumänischen Rosia Montana soll inmitten einer ohnehin belasteten Region Europas größtes Zyanid-Goldbergwerk entstehen. Ein dubioses Konsortium ist schon dabei, die Einwohner umzusiedeln. Unklar ist die Rolle des Umweltministeriums

von KENO VERSECK

Für Mihaela Lazarescu ist eins klar: „Goldbergbau mit Zyanid geht nicht ohne Umweltverschmutzung.“ Deshalb müsse Rosia Montana zwangsläufig zu einer ökologischen Bombe werden. Die Bukarester Bauingenieurin und Ökologin gehört zu den führenden rumänischen Experten für Bergwerke und Bergbaurückstände. Ihre Befürchtungen beziehen sich auf ein ehrgeiziges Projekt, für das die Vorbereitungen in Rumänien derzeit auf Hochtouren laufen: In Rosia Montana im westrumänischen Apuseni-Gebirge, nicht weit von verschiedenen Nationalparks, soll Europas größtes Zyanid-Goldbergwerk entstehen.

Mehr als achthundert Familien und ihre Häuser müssen dafür umgesiedelt werden, weil der Boden unter ihnen ein Gramm Gold pro Tonne Erdreich enthält. Auf 21 Quadratkilometern sollen insgesamt 225 Millionen Tonnen Erde bewegt und mit jährlich 5.000 Tonnen Zyanid behandelt werden. 400 Millionen US-Dollar will das rumänisch-kanadische Konsortium Rosia Montana Gold Corporation investieren. Der zu erwartende Gewinn nach 17 Jahren: 300 Tonnen Gold und 1.600 Tonnen Silber.

Die Region ist ein traditionelles Bergbaugebiet für Schwer- und Edelmetalle und für seine Umweltschäden bekannt. Hier lagern hunderte Millionen Tonnen giftiger Klärschlämme und Abraum – Hinterlassenschaften der staatlichen rumänischen Gold- und Kupfer-Bergbaugesellschaft Minvest Deva.

Ein Blick auf die Unternehmen, die das Konsortium bilden, lässt daran zweifeln, dass Umweltschutz bei ihnen Priorität hat: Der rumänische Partner ist die Minvest Deva, aus Kanada beteiligt sich die Firma Gabriel Resources Ltd. Gründer und zehnprozentiger Anteilseigner der Rosia Montana Gold Corporation ist Vasile Frank Timis, der Anfang der 70er-Jahre aus Rumänien nach Australien auswanderte und dort zweimal, 1990 und 1994, wegen Heroinbesitz und -handel zu hohen Geldstrafen verurteilt wurde.

Neben Timis gehört auch der südafrikanische Gold-Bergbau-Experte Mike Steyn zum Management des Rosia-Montana-Projektes. Er kommt von der südafrikanischen Firma Gold Fields Ltd., die im Oktober letzten Jahres einen schweren Zyanidunfall im westafrikanischen Ghana verursacht hatte. Steyn hatte dort die Umsiedlung von 20.000 Menschen geleitet.

In Rosia Montana haben bereits 80 Familien haben ihre Häuser an die Rosia Montana Gold Corporation verkauft. Bürgermeister Virgil Narita sieht „kein Problem“ in dem Projekt. In Erinnerung an den Ort werde ein Museum errichtet, sagt er lapidar. Unfälle könnten jederzeit überall geschehen, und für Ökologie sei nicht er, sondern das Umweltministerium zuständig.

Im rumänischen Umweltministerium hält man sich bedeckt. Es gebe keine Genehmigung für das Projekt, heißt es. Nicolae Stanca, Exekutivdirektor des Konsortiums, kontert: Die Firma habe für alle bisherigen Aktivitäten wie Bohrungen und Probeschürfungen auch Umweltgenehmigungen erhalten. Stanca wird wütend, wenn das Gespräch auf rumänische Umweltschützer und auf die Organisation Greenpeace kommt, die eine Protestkampagne gegen das Bergwerk begonnen haben. „Das sind eine Hand voll Leute, die niemanden repräsentieren und vom Bergbau keine Ahnung haben. Wir verwenden ausländische Technologie, da passiert nichts.“

Wie es um den Bergbau in Rumänien tatsächlich steht, darüber hat das rumänische Umweltministerium nach dem Unfall von Baia Mare im Januar 2000 Inventur geführt: Mehr als hundert hochgefährliche Lagerstätten mit Zyaniden, Schwermetallen und anderen giftigen Klärschlämmen gibt es im Land. In Baia Mare flossen 100.000 Kubikmeter zyanidhaltige Abwässer in die Theiß und die Donau. Auch danach kam es zu mehr als einem Dutzend ähnlicher Unfälle. Der schwerste geschah im Januar 2001 in der ostrumänischen Stadt Falticeni, als Zyanidrückstände aus undichten Behältern einer Chemiefabrik flossen. 72 Menschen erkrankten danach durch den Verzehr von toten, zyanidverseuchten Fischen aus dem Fluss Siret.

In Baia Mare selbst hat sich nach dem Unfall fast nichts geändert, bemängeln dortige Umweltschützer. Allein die Dämme des etwa 60 Hektar großen Zyanidbeckens am Stadtrand wurden verstärkt. Schon knapp neun Monate nach dem Unfall lief die Goldproduktion wieder auf vollen Touren – mit Genehmigung des rumänischen Umweltministeriums. Immer noch, so die Umweltschützerin Edit Pop von der lokalen Nichtregierungsorganisation Assoc, käme es am Stadtrand von Baia Mare regelmäßig zu kleineren Zyanidausflüssen, weil die Rohrleitungen zwischen Becken und Aufbereitungsfabrik veraltet seien.

Geändert hat sich freilich der Name, unter dem das passiert: Die rumänisch-australische Unglücksfirma Aurul benannte sich Ende letzten Jahres in Transgold um. Es ging um mehr als nur darum, einen Namen mit schlechtem Image loszuwerden: Bisher konnte die Firma dadurch den Entschädigungsprozess verzögern, den das vom Unfall schwer betroffene Ungarn gegenwärtig gegen Aurul/Transgold führt.