: Schily kritisiert Journalisten
Innenminister verlangt mehr Zurückhaltung bei Berichten über geplante Razzien gegen Islamisten. BKA bekommt mehr Geld. Für „Alarmismus“ vor 11. September kein Anlass
BERLIN taz ■ Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat an die Medien appelliert, nicht über geplante Aktionen der Behörden gegen islamistische Extremisten zu berichten. „Ich finde es verantwortungslos, wenn eine Zeitung irgendwelche Spekulationen veröffentlicht über angeblich bevorstehende Ermittlungsmaßnahmen“, schimpfte Schily gestern und forderte die Journalisten zur Zurückhaltung auf: „Das war früher ein haltbarer Konsens, selbst bei den Wildesten unter Ihnen.“
Die Allerwildeste war die Berliner Zeitung. Sie hatte gestern über einen offenbar geplanten „großen Zugriff“ gegen islamistische Extremisten berichtet, die in Deutschland untergetaucht seien. Das Blatt meldete unter Berufung auf Sicherheitskreise, es sei schon in den nächsten Tagen mit einer größeren Festnahmeaktion zu rechnen. Dabei werde erstmals der neue Antiterror-Paragraf 129 b des Strafgesetzbuches angewandt, der am 1. September in Kraft getreten ist. Er erlaubt die strafrechtliche Verfolgung von in Deutschland lebenden Mitgliedern und Unterstützern ausländischer Terrorgruppen. Schily wollte den Bericht weder dementieren noch bestätigen. Stattdessen zog er eine „positive Bilanz“ der Arbeit des Bundeskriminalamts (BKA) und kündigte eine Aufstockung der Mittel für die zentrale Ermittlungsbehörde an. Der Haushalt des BKA werde von 328 auf 393 Millionen Euro erhöht.
Eine Woche vor dem ersten Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September betonte Schily, es gebe keine Erkenntnisse über konkret bevorstehende Anschläge in Deutschland. Man solle nicht „wie das Kaninchen auf das Datum zu starren“. Es müsse weiterhin „höchste Wachsamkeit“ gewahrt werden, auf der anderen Seite solle man nicht die Gelassenheit verlieren und in „Alarmismus“ verfallen.
Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) warf der Bundesregierung vor, die Sicherheitsmaßnahmen nicht konsequent genug voranzutreiben, und verlangte die „schnellstmögliche Umsetzung“ eines dritten Sicherheitspakets mit Abschiebung bei Verdacht von Terroraktivitäten und Erleichterungen für den Einsatz der Bundeswehr im Inland. Schily lehnte dies ab und forderte Beckstein auf, wieder zu der „bewährten und guten Zusammenarbeit“ zurückzukehren.
LUKAS WALLRAFF
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