: Fax ohne Empfänger
Die Dresdner Flutwarnung lag am Sonntag allein im Amt. Die Sachsen-SPD fordert den Rücktritt des Innenministers. In Berlin weiter Streit um Schulden
aus Dresden MICHAEL BARTSCH
Die unabhängige Kommission, die das Katastrophenmanagement in Sachsen untersuchen soll, wird zwar erst am Freitag ihre Arbeit aufnehmen; die SPD-Fraktion des Landtages aber kam ihr bereits mit eigenen Recherchen zuvor und verlangte den Rücktritt von Innenminister Horst Rasch (CDU).
Rasch habe es unterlassen, bereits am 12. August Katastrophenalarm auszulösen und die Gesamtleitung des Katastrophenschutzes an sich zu ziehen. Dazu verpflichte ihn als Chef des Innenministeriums, der obersten Schutzbehörde, das Sächsische Katastrophenschutzgesetz. Ministerpräsident Georg Milbradt wies den Vorwurf zurück. Vom Innenministerium hieß es, das Gesetz verpflichte nicht zu einer zentralen Einsatzleitung.
In der Tat sind die dezentralen Katastrophenalarme zu höchst unterschiedlichen Zeiten ausgelöst worden. PDS-Fraktionschef Peter Porsch kritisierte die Zerschlagung früherer Warnstrukturen nach der Wende. Sogar Ministerpräsident Milbradt deutete intern bereits an, dass das bestehende dreistufige Warnsystem vereinfacht werden könnte.
Unterdessen gab Sprecher Holm Felber vom Dresdner Regierungspräsidium gegenüber der taz erstmals zu, dass eine Sonderwarnung der Hochwasserzentrale im Landesamt für Umwelt und Geologie von Sonntag, 11. August, 18 Uhr, nicht weitergeleitet worden war. Der Bereitschaftsdienst, der nur per Mobiltelefon erreichbar war, wurde von der Landesbehörde nicht verständigt. Sie schickte ein Fax in das verwaiste Präsidium, das dort bis zum Dienstbeginn am Montag, 12. August, lagerte. Das Fax enthielt allerdings mit prognostizierten 40–60, vereinzelt bis zu 80 mm Niederschlag ohnehin keine Nachrichten, die einen Katastrophenalarm noch am Sonntagabend gerechtfertigt hätten.
In Berlin rief Bundeskanzler Gerhard Schröder gestern noch einmal nachdrücklich die Banken zu einer Beteiligung an der Flutschadenshilfe auf. Von ruinierten Firmen drohe ihnen andernfalls ohnehin ein „gewaltiger Abschreibungsbedarf“ ihrer Kredite, ergänzte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller. Er zeigte sich zugleich überrascht über die geringe Zahl bislang eingegangener Anträge auf die 15.000 Euro Soforthilfe. Dietrich Austermann, haushaltpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, prophezeite gestern ein „Zusammenbrechen des Finanzgebäudes der Bundesregierung“ in wenigen Wochen.
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