: Kopfknallen im Kasten
Knallige Porträts, versiegelte Träume und Wünsche, verspielte Alltagsfantasien und ornamentale Üppigkeiten: Der gelernte Tischler, Trommler, Kunstdrucker, Bildhauer und Maler Moritz Wolpert dilettiert im Haus am Lützowplatz fröhlich drauflos
von RICHARD RABENSAAT
„Von meinem Meister hätte ich für diesen Boden etwas an die Ohren bekommen“, schätzt Moritz Wolpert die handwerkliche Qualität des von ihm im Haus am Lützowplatz ausgelegten Parketts ganz realistisch ein. Lauter Fischgräten und verschnörkelte Muster finden sich auf dem etwas schiefen Belag. Das sieht reizvoll aus, auch wenn die einstmals fugenlos ineinander fassenden Bohlen ihre Passform verloren haben. Vielleicht wäre Wolperts Ausbilder ja auch stolz auf das Exponat gewesen.
Tischler ist nur einer der Berufe, in dem der Künstler nach eigenem Bekunden fröhlich drauflos dilettiert. Schon während seiner Ausbildung trommelte Wolpert in verschiedenen Bands, die nächtlichen Proben machten jeden Gedanken an Schlaf zunichte. „Das bekam der Lehre nicht gut“, bedauert er heute. Danach wollte er von dem verhassten Brotberuf zunächst einmal nichts wissen, begann zu malen, zeichnen, zu radieren. Nebenbei oder hauptsächlich, das weiß auch Wolpert nicht so genau, war er als Musiker erfolgreich, produzierte zusammen mit Meret Becker und Blixa Bargeld. Die Munterkeit, mit der er sich als Trommler, Kunstdrucker, Bildhauer und Maler austobt, führt zwar selten zu technischer Perfektion, aber bremst auch nicht seine Beschwingtheit.
„Kopfknallen eines Taugenichts“ hat er die versammelte Mischung aus Bildern, Skulpturen und Musikinstrumenten betitelt. Tatsächlich kommen einige seiner Porträts recht knallig daher, aber ein Taugenichts ist der Trommler und Künstler deshalb noch lange nicht. Denn nicht auf professionelle Exaktheit zielen die Arbeiten ab, sondern auf eine verspielt anmutende Alltagsphilosophie die sich in den kleinen Dingen äußert. Auch vor einem ornamental verzierten Holztisch macht Wolperts Schaffensdrang nicht Halt. Die Tischplatte des fernöstlich anmutenden Möbels kann der Besucher abnehmen. „Das hier ist ein Kästchen zum Sammeln von Träumen und Wünschen“, erklärt er mit Blick auf das sich öffnende Rechteck im Inneren des Tisches. Er verspricht die aufgeschriebenen Träume nicht nachzulesen und das Kästchen anschließend zu versiegeln.
Die ornamental ausladende Üppigkeit seiner Holzarbeiten findet sich auch in seinen Zeichnungen und Drucken. „Mit Picasso bin ich aufgewachsen“, beschreibt Wolpert die Verehrung seiner Eltern für den Spanier. Der Blick auf das Jahrhundertgenie hat den Arbeiten des Trommlers nicht geschadet. Für die Leichtigkeit, mit welcher einige der heiter komponierten Lithografien daherkommen, hätte sich auch der Altmeister nicht schämen müssen. Dem Taugenichts gehen auch weiterhin unablässig etliche Ideen durch den Kopf. Das nächste Projekt soll dann auch keine Kunstausstellung sein, sondern ein Video, das er gerne in einem Hubschrauber voller Musiker über Berlin drehen möchte. Die Drehgenehmigung hat Wolpert schon bekommen.
„Kopfknallen eines Taugenichts“, bis 22. 9., Di. bis So. 11 bis 18 Uhr, Haus am Lützowplatz, Lützowplatz 9, Tiergarten
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