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Besser darstellbar

Schill-Fraktionschef muss sich vor Gericht weiter gegen Vorwürfe wehren und redet daher lieber von der „Erfolgsbilanz“ seiner Polit-Truppe

von PETER AHRENS und ELKE SPANNER

Er ist ein „strammer CDU-Mann“. Er diskutiert selbstredend nur „auf akademischem Niveau“, und nichts anderes habe auch sein Freund Norbert Frühauf 1989 in einem Jura-Seminar getan. Er könne eindeutig ausschließen, sagte der Zeuge Rainer Frank gestern Nachmittag vor der Pressekammer des Landgerichtes, dass dieser Verständnis für Hitler geäußert habe. Das aber wirft dem heutigen Schill-Fraktionsvorsitzenden die Rechtsanwältin und damalige Kommilitonin Christiane Yüksel vor.

Er habe im Seminar gesagt, er könne „Hitler wegen der Juden ja verstehen: Mir wird körperlich unwohl, wenn im Supermarkt ein Türke hinter und ein Pole vor mir steht.“ Frühauf klagt auf Unterlassung. Am 1. November wird die Kammer entscheiden, ob Yüksel diesen Vorwurf weiterhin erheben darf.

Was der von Frühauf benannte Entlastungszeuge „eindeutig ausschließen“ will, hatte dieser selbst vor Gericht eingeräumt: Dass er sich damals an der Diskussion beteiligt hatte, in deren Verlauf Yüksel schließlich unter Protest den Raum verließ. Er habe Hitler als Beispiel eines „schlichten Gemütes“ genannt, dem „Überfremdung durch Ausländer“ Angst bereitet hätte. Die Diskussion habe sich an dem Bekenntnis eines Kommilitonen entfacht, die Republikaner gewählt zu haben.

Das hatte auch sein Entlastungszeuge Frank in einer eidesstattlichen Versicherung erklärt, nachdem die Morgenpost die Vorwürfe veröffentlicht hatte. Nicht geschrieben hatte er hingegen, dass er selbst es war, der zumindest Verständnis für die Wähler der rechten Partei gezeigt hatte. Das aber stellte sich gestern im Prozess heraus. Yüksels Anwalt Uwe Maeffert: „Sie haben eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben.“ Der Vorwurf wurde bereits gegen den zweiten Entlastungszeugen erhoben, den Professor des damaligen Seminars. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Manchmal macht man sogar ein gemeinsames Brainstorming

Am Morgen hatte Frühauf noch aus seiner Sicht Erfreulicheres zu berichten gehabt, nämlich die „Erfolgsbilanz“ seiner Fraktion in Form einer 26-seitigen Broschüre. „Nach den Wirren der letzten Tage wollen wir jetzt wieder zur Sacharbeit zurückkehren“, verkündet der Fraktionschef und gibt „ganz uneitel“ ein Selbstlob ab: „Alle Achtung. An Professionalität können wir sehr gut mithalten.“

Probleme habe man lediglich damit, steht ihm Vorstandskollege Rolf Rutter bei, dass „wir unsere Erfolge nicht genug verkaufen“. Das soll sich mit der Broschüre ändern. Hier wird ausführlich dargestellt, was die Schill-Partei bereits angerichtet hat: Polizei, „Ausländerkriminalität“, Strafverfolgung – das nimmt den größten Raum ein. Aber man habe auch andere Themenfelder, „deren Bedeutung von den Medien noch nicht so erkannt wurde“. Frühauf verweist zum Beispiel auf die Wirtschaftspolitik.

Dieses Feld sei keineswegs vorrangig der CDU zuzuschreiben, deren Senator „heimst lediglich die Lorbeeren ein“. Das Klima unter den Koalitionären sei ungetrübt. „Wir machen sogar manchmal gemeinsames Brainstorming“, begeistert sich Rutter.

Die Broschüre weist darauf hin, dass dank der Rechtskoalition bis zum kommenden Jahr 1286 Polizeibedienstete neu eingestellt sein würden. Auf die Nachfrage, warum man nicht ehrlicherweise geschrieben habe, dass davon nur knapp 400 Stellen tatsächlich zusätzlich geschaffen wurde, kommentiert Fraktionssprecher Marc März: „Eine höhere Zahl ist natürlich immer besser darstellbar als eine niedrige. Und wir haben uns für die Zahl entschieden, die für uns am besten darstellbar ist.“

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