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unterm strich

Die Klassikfans in der Hauptstadt kriegen sich kaum noch ein. Mit minutenlangen Ovationen ist Sir Simon Rattle nach seinem Debütkonzert als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker gefeiert worden. Der Engländer begeisterte am Samstagabend das Publikum mit einem Werk seines Landsmannes Thomas Ades und der fünften Symphonie von Gustav Mahler. Kritiker und Zuhörer waren sich einig: Für das vor 120 Jahren gegründete Orchester hat eine neue Ära begonnen. Rattle trat die Nachfolge des Italieners Claudio Abbado an.

Die rund 2.500 Zuhörer, unter ihnen Bundespräsident Johannes Rau, überschütteten den Maestro mit Beifallsstürmen und Bravorufen. „Wundervoll“, schwärmte der Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters, Kent Nagano. Rattle machte bei seinem Debüt deutlich, worauf sich das Berliner Publikum in den nächsten Jahren freuen kann: Der Kapellmeister mit dem markanten Lockenkopf will aus den Philharmonikern ein „Orchester des 21. Jahrhunderts“ machen und mit zeitgenössischen Stücken mehr Jugendliche für klassische Musik begeistern. Mit Ades Stück „Asyla“ – einer Mischung aus Klassik und Jazz – bot er einen Vorgeschmack.

Rattle war im Sommer 1999 in geheimer Abstimmung von den Philharmonikern zum Chefdirigenten gewählt worden. Der 47-Jährige, der das früher provinzielle City of Birmingham Symphony Orchestra an die Weltspitze führte, gilt als einer der ganz Großen der Zunft. Manche halten ihn für den innovativsten unter den lebenden Kapellmeistern. Rattles Offenheit für alle musikalischen Epochen wird als herausragende Eigenschaft gelobt. „Ich habe mich stets für jede Art von Musik interessiert. Ich hasse jede Ghettoisierung.“

Rattle kam am 19. Januar 1955 in Liverpool zur Welt. Er wuchs in einem musikbesessenen Elternhaus auf, lernte Schlagzeug und Klavier. Mit elf Jahren durfte der Ausnahmemusiker in einem Jugendorchester als Perkussionist spielen. Noch als Kind beschloss er, Dirigent zu werden. 1981 übernahm der „Mann mit den segensreichen Händen“ das Orchester in Birmingham. Nun also, so scheint’s, liegt ihm Berlin zu Füßen.

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