: Mehr Mut zur Firma
Selbstständigen-Quote in Deutschland zu niedrig. Junge Existenzgründer gesucht. Schüler kritisieren Kredithürden
BERLIN taz ■ Nach sechs Stunden ist die Kinderwelt fertig – zumindest auf dem Papier. Kids zu betreuen, ist die Geschäftsidee von Cornelia Kaueroff und ihren Mitschülern. Die Abiturienten aus Sachsen-Anhalt entwickelten sie während des Junior-Business-Camps. Der Workshop fand am Wochenende in Berlin zum zweiten Mal statt und ist Teil des bundesweiten Förderprojektes für junge Existenzgründer „Junior“, initiiert vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Wie finanziere ich mein Projekt, wie erstelle ich einen Business-Plan – um diese Fragen ging es. Gestern präsentierten 45 Schüler ihre Ergebnisse.
Ziel des Projektes ist es, „die Kultur der Selbstständigkeit in Deutschland zu fördern“, wie Schirmherr Ditmar Staffelt, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, auf der abschließenden Diskussionsrunde betonte. „Deutschland hat aufgeholt, aber eine Selbstständigen-Quote von 10 Prozent ist zu wenig.“ Er möchte, dass von einer Abiturklasse rund 15 Prozent ein Unternehmen gründen.
Die alternative Kinderwelt „Child’s Care“ soll ein Angebot sowohl für Eltern als auch für Kinder sein: Workshops zur gewaltfreien Kindererziehung und Ferienbetreuung für die Kleinen, bei der sie ihre Träume ausleben können. Wie schwer es ist, Träume zu verwirklichen, haben die Schüler gemerkt, als es an die Finanzierung ging. „Am Anfang haben wir gedacht, dass es gar nicht so viel kostet“, sagt Cornelia. Als sie mit einer professionellen Unternehmensberaterin alle Posten durchgerechnet hatten, war klar: Die Ausgaben wären nicht gedeckt gewesen. Ihr Business-Plan musste überarbeitet werden.
Finanzierung und Bürokratie –darin sehen fast alle Schüler die Probleme bei einer Existenzgründung. Die hohen Hürden für Kredite empfinden sie als demotivierend. Michael Bornmann, Vorsitzender der Deutschen Ausgleichsbank (DtA), sieht dies anders. „Die Studie der Londoner Business School hat ergeben, dass Deutschland bei den Förderungsmitteln auf Platz eins liegt.“ Problem sei die Bildung von unternehmerischem Geist, vor allem an Schulen. „Junge Leute müssen begeistert werden“, so Bornmann.
Fehlendes Startkapital ist auch in den Augen von Gernot von Grawert-May, Mitglied der Geschäftsleitung Region Ost der Deutschen Bank, kein Hindernis. Als ausschlaggebend nannte er plausible Business-Pläne und klare Strategien. Gerhard Fels vom Institut der deutschen Wirtschaft bemängelte hingegen, dass es in Deutschland keinen Wagniskapitalmarkt gebe.
Die alternative Kinderwelt wird wohl ein Traum bleiben. „Es war ja nur ein fiktives Projekt“, sagt Cornelia. Wenn sie sich später selbstständig machen würde, will sie auf jeden Fall eines der kostenlosen Beratungsangebote von Wirtschaftsinstituten in Anspruch nehmen. Sicher ist sicher. SUSANNE LANG
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