piwik no script img

Existenz des Entwicklungsministeriums ist gefährdet

Kirchliche Hilfswerke befürchten Fusion des Ministeriums mit dem Auswärtigen Amt, falls es eine schwarz-gelbe Koalition gibt. Kritik von Misereor

Sollte es am 22. September zu einem Regierungswechsel kommen, sind die Tage des Entwicklungsministeriums (BMZ) womöglich gezählt. Pläne, das Ministerium mit dem Auswärtigen Amt (AA) zu fusionieren, wie sie seit Jahren immer mal wieder auf den Tisch kommen, könnten dann wahr werden. Das jedenfalls befürchten die kirchlichen Hilfswerke. Sie haben deshalb an CDU/CSU-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber geschrieben. Der 11. September habe gezeigt, wie wichtig Entwicklungshilfe sei. Jetzt über die Abschaffung des BMZ nachzudenken, sei nicht zu rechtfertigen, heißt es in dem Brief von Misereor und dem Evangelischen Entwicklungsdienst.

Die kirchlichen Sorgen sind berechtigt: Die FDP spricht sich in ihrem Regierungsprogramm ausdrücklich für eine Zusammenlegung der beiden Ressorts aus. „Reibereien, Eitelkeiten, unheimlich viel Verschleiß“ zwischen den beiden Häusern hätten dann ein Ende, erklärt Otto Lampe, außen- und entwicklungspolitischer Sprecher der FDP. Die Forderung der Liberalen ist zwar nicht neu, doch könnte sie angesichts der klammen Haushaltslage und der Sparzwänge aus Brüssel eine neue Bedeutung erhalten.

Die Union äußert sich weniger klar. Wie die einzelnen Ressorts aussähen, werde nach der Wahl geklärt, heißt es aus der Fraktion. Parteichefin Angela Merkel ist gegen eine Fusion, ebenso der entwicklungspolitische Sprecher, Klaus-Jürgen Hedrich. Allerdings sei eine Straffung in bestimmten Bereichen sinnvoll – etwa bei der Nothilfe.

Hier konkurrieren die beiden Ministerien derzeit gerne darum, wer nach Erdbeben oder Überschwemmungen den höheren Betrag spendet. Misereor und der Evangelische Entwicklungsdienst berufen sich in ihrem Brief jedoch auf Gespräche mit mehreren Unionsabgeordneten, die „ganz offensichtlich anderer Meinung sind“, so Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon zur taz.

Die Hilfswerke sehen ihre Befürchtungen auch dadurch bestätigt, dass Stoiber ein Europaministerium schaffen will. Dafür würde ein Teil der Referate und Abteilungen aus dem AA herausgelöst. Die Lücke würde dann wahrscheinlich mit dem BMZ aufgefüllt, meinen die Hilfswerke. Denn keine Regierung wolle den Verwaltungsapparat weiter aufblähen.

„Wir halten solche Überlegungen für fatal“, so Bröckelmann-Simon. „Das Auswärtige Amt ist immer von außenpolitischen Interessen geleitet. Entwicklungszusammenarbeit darf aber nicht von außenpolitischem Interesse geleitet werden.“ Außerdem würde die Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit weiterschrumpfen.

Die deutschen Chefs der katholischen und der evangelischen Kirche, Kardinal Lehmann und Präses Kock, sowie Bundespräsident Johannes Rau sind der gleichen Meinung. „Ich will mich nicht in Gespräche einmischen, die vor uns liegen könnten“, sagte Rau am Montag auf einer Feier der kirchlichen Hilfswerke in Bonn. „Aber ich halte ein eigenständiges BMZ für wichtig.“

KATHARINA KOUFEN

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen