: Gläserner Mensch Flüchtling
betr.: „Furcht vor Stoiber“, taz vom 9. 9. 02
Zu Recht hat der Bundesausländerbeirat darauf hingewiesen, dass das Ausländerzentralregister mit Grundgesetz und Datenschutz nicht vereinbar ist. Wie sehr selbst im Kleinen einzelne Migrantengruppen zu „gläsernen Menschen“ gemacht werden, belegt eine äußerst fragwürdige Praxis in Celle (Niedersachsen).
Im Asylbewerberleistungsgesetz ist die Vergabe von Einkaufsgutscheinen anstelle von Bargeld an Flüchtlinge vorgesehen, ein bekannt diskriminierendes Übel, das die rot-grüne Regierung im Übrigen nicht bereit war zu ändern. Seit April gilt in Celle die Regelung, dass, wer mit Gutscheinen bezahlt, den Kassenbeleg nicht mehr ausgehändigt bekommt. Der Bon wird an den Gutschein angeheftet und zur Verrechnung bei der Stadt eingereicht. Im Alltag hat’s nervige Konsequenzen für die Flüchtlinge, weil zu Hause so gar nicht mehr nachzuvollziehen ist, was wie viel gekostet hat.
Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist es bei dieser Handhabe für Flüchtlinge ausgeschlossen, mangelhafte Ware zurückzugeben, denn das geht nur mit Kassenbon. Zuletzt wurden die Gutscheine zudem mit laufenden Nummern versehen, was die Möglichkeit bietet, bis ins Detail den Einkauf jedes einzelnen Flüchtlings nachzuvollziehen. In Celle gibt es den „gläsernen Menschen“, sein Name ist Flüchtling. REINHARD ROHDE, Celle
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