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Sinnriss im Leben

Zwischen Waschzwang und Walzertanzen, die neue Produktion des Schülertheaters B.E.S.T. sucht den Sinn des Lebens und findet eine ganze Menge. Einer davon: Finde deinen Rhythmus und du hast die Hälfte schon geschafft!

Rhythmus ist der Sinn des Lebens. Die eigene Geschwindigkeit zählt

Sie heißen Alexander, Josephine, Angelina, Thoms, Georgio, Ronja, Max oder Marie. 16 Mädels und Jungs sind auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Oder einem Ziel. Oder der Persönlichkeit. Oder der Wahrheit. Oder was?

B.E.S.T. – Bremens erstes schulübergreifendes Theater steckt mitten in der Endphase der Probenarbeiten. Ihr neues Stück „SinnRiss, eben hab ich’s noch gewusst“ ist die elfte Produktion der beiden Theatermacher Karl-Heinz Wenzel und Jochen Schmidtmeyer. Zwei Kauze voller Kauzigkeiten. Karl-Heinz, wie er von seinen Schülern genannt wird, kommt aus Bremens Theaterszene der 70er, als, wie er selbst sagt, „Theater noch Theater war.“ Jochen Schmidtmeyer trägt einen Blaumann, mit einer goldenen Nahtschrift auf seinem Latz: Zentralheizungsbauer. Ein Techniker, ohne den beim Theater nix läuft.

Thoms (21) spurtet durch eine Lagerhalle in der Bremer Neustadt. Der Raum ist voller Schutthaufen, Fernseher stehen an einer Wand, Stühle hängen von der Decke. Mit Kreide buchstabiert er seinen Namen auf den Hallenboden. Thoms. Jeder Buchstabe an einem anderen Platz. Bald tun es ihm Alexander, Josephine, Angelina, Georgio, Ronja, Max und die anderen nach. Sie fegen durch den Raum und ziehen Linien von Buchstabe zu Buchstabe. Sie hinterlassen Spuren, knüpfen Verbindungen und sagen der Welt, wer sie sind. Alle gleichzeitig, schnell und hektisch. Her mit dem Sinn des Lebens!

Das ist Programm bei B.E.S.T. Gleichzeitig stellen die 16 Akteure ihre selbst erarbeiteten Szenen vor. Auch der immer wechselnde Aufführungsort gehört zu den Eigenheiten von B.E.S.T. „Die Unsicherheit, jedesmal einen neuen Ort zu finden, hält wach“, sagt Wenzel. Die „Angst als Anregung“, nicht in Routine zu verfallen.

Diesmal hat sich die Jugendtruppe die Georg-Wulff-Straße in Bremens Neustadt ausgesucht. In wenigen Wochen wird hier die Abrissbirne Platz für die neue A 281 schaffen.

Bis dahin aber wehen die jugendlichen Geister durch das Abrisshaus. B.E.S.T. ist laut, knallig und manchmal erfrischend. Zum Beispiel, wenn ein Sinnsuchender nicht auf seinem Stuhl sitzen kann. Er ist so hippelig, dass ihn der Stuhl wie ein umgedrehter Magnet abstößt. In der folgenden Szene versucht er es dann mit zwei Stühlen, lehnt sie aneinander, bis sie in der Waage sind. Schließlich probiert er, auf den zwei Stühlen noch ein Mädchen unterzubringen. Und schafft es.

Die Frust-Lust-Liebe mit der Suche nach der beruflichen Orientierung zu verbinden ist zentrales Thema bei den Youngsters. „Eben hab ich’s noch gewusst“, der Untertitel des Stücks deutet es an. Wenn 16 Geschichten gleichzeitig erzählt werden, steht der Zuschauer vor der Wahl. Lässt er sich einfach berieseln, als säße er vor der Glotze oder konzentriert er sich auf eine Geschichte. Sinniges steckt in jedem Detail, man muss sich nur für eines entscheiden. Ist das der Sinn des Lebens? Oder gibt es noch mehr Sinne?

Für Karl-Heinz Wenzel ist Rhythmus der Sinn des Lebens. „Wie ein Metronom, auch wenn es eben langsamer läuft als bei den anderen, die eigene Geschwindigkeit zählt.“ Zwischen Waschzwang und Walzertanzen ist viel Rhythmus in „Sinnriss“ und auch wenn der Sinn abreißt, das Stück macht einem Beine, es mehr als einmal anzusehen.

Hannes Krug

Premiere am 17. September um 20 Uhr in der Georg-Wulf-Straße 18. Weitere Vorstellungen bis zum 21. September und vom 24.-28. September. Karten unter ☎ 04 21 - 44 54 38.

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