Ströbele verwandelt direkt

Als erster Grüner gewinnt Christian Ströbele ein Direktmandat bei Bundestagswahlen. Er landet zwei Punkte vor dem SPD-Kandidaten. Berlinweit legen die Grünen deutlich zu

Die Grünen im Tempodrom kannten am Sonntagabend nur einen Sieger der Bundestagswahl: Das waren sie selbst. Entsprechend feierten knapp 3.000 Grünen-Anhänger die „glorreichen sieben“ ihres Wahlkampfteams. Für jede Erwähnung des Spitzenkandidaten, Außenminister Joschka Fischer, wollte der Beifall nicht enden. Stärksten Applaus erhielt Fischer aber bei einem Nebensatz: „Und ich gratuliere besonders Christian Ströbele, dass er höchstwahrscheinlich der erste grüne Abgeordnete ist, der ein Direktmandat erhalten hat.“

Es gibt keinen Zweifel, gewonnen hat gestern Abend im Kreuzberger Tempodrom insbesondere Christian Ströbele. Mit 31,5 Prozent der Erststimmen erreichte er vor Andreas Matthae (SPD; 29,8) und Bärbel Grygier (PSD; 20,9) ein Direktmandat für die Partei in seinem Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg. Geglaubt hatten vor der Wahl das nur wenige, auch bei den Grünen, umso freudiger waren doch die Reaktionen auf das Ergebnis Ströbeles und das der Partei.

Regina Michalik, Berliner Grünen-Vorsitzende, beglückwünschte zum einen die „Berliner Grünen“, darunter Ströbele, für diesen Erfolg. Zum anderen zeigte sie sich trotz des knappen Ausgangs für Rot-Grün „froh über die Wahlentscheidung, weil der grüne Anteil klar gestärkt worden ist“. Die Grünen seien angesichts der Niederlage der FDP „dritte politische Kraft“ und dafür gewählt worden, weil sie „Inhalte, Glaubwürdigkeit und Kontinuität in der Politik“ verkörperten. Volker Ratzmann, Vize bei den Berliner Grünen, freute hauptsächlich, dass die Partei „weit vor der PDS angelangt“ sei. Dies bedeute, „dass die Grünen eine gute Politik vorweisen konnten“.

Sowohl die frühere Kultursenatorin Adrienne Goehler als auch Fraktionschef Wolfgang Wieland waren überzeugt, dass es die grünen Positionen waren, die zur Fortsetzung der rot-grünen Regierungskoalition beigetragen haben. Dies mache auch Mut für die Berliner Grünen und ihre Rolle im Abgeordnetenhaus. Es sei gut, dass Bündnis 90/Die Grünen „im Wahlkampf das Vertrauen zurückgewonnen haben“, so Goehler. Wieland sprach gar von einer „Schicksalswahl“ Rot-Grün gegen Schwarz-Gelb, wo entschieden wurde, „ob wir auf Dauer mit unseren Themen einen Platz in der Parteienlandschaft haben“. SAM/ROLA