: Segel in der Brust
„Gerhard Schröder hat sich linker Rhetorik bedient, um an den Wählerinstinkt für Stabilität zu appellieren. Das hat im Wahlkampf gewirkt, könnte sich aber als Tragödie erweisen, falls dieser Kurs der Regierung fortgesetzt wird. Schröder muss jetzt in die politische Mitte zurückkehren. Seine größte Priorität muss es sein, das Verhältnis zu den USA wieder zu reparieren. Schröder sollte sich nicht in der neuen Rolle wohlfühlen, der beliebteste Europäer von Saddam Hussein zu sein.“ The Times, London
„Wenn die deutsche Linke dem Vorstoß der Rechten widerstehen konnte, verdankt sie das der Fähigkeit von Sozialdemokraten und Ökologen, die Wünsche und Ziele der Bevölkerung zu verstehen. Eines ist bemerkenswert: in Ländern wie Schweden oder Deutschland, wo die Linke noch eine gute Figur macht, ist man noch in der Lage, Kompromisse statt Dogmen und Anpassung statt Verkrampfung zu praktizieren.“ Libération, Paris
„(...) Eine Sozialdemokratie mit Verlusten und die Grüne mit Gewinnen können weiterregieren. (...) Die CDU/CSU an der Macht und Edmund Stoiber als Bundeskanzler wären nicht sonderlich aufmunternd gewesen. (...) Europa geht es besser ohne Stoibers beschränkten Lederhosen-Nationalismus. (...)“ Expressen, Stockholm
„(...) Schröder gehört wohl zu jener besonderen Sorte Politiker, die statt eines Herzens ein Segel in der Brust haben: Sie gehen dorthin, wo der Wind sie hinträgt. Aber es wäre zynisch, zu unterschätzen, wenn jemand über das Talent verfügt, im Zuge der Überschwemmungen zu erkennen, dass die öffentliche Solidarität eine moralisch verwurzelte Institution der deutschen Gesellschaft ist, die nicht durch reines Wirtschaftsdenken liquidiert werden kann.“ La Stampa, Turin
„(...) Mit dem Ausgang der Bundestagswahl ist der Aderlass, unter dem Europa Linke in letzter Zeit gelitten hat, vorerst gestoppt. Die Argumente für den Erhalt des Sozialstaates und den Schutz der Umwelt haben sich (...) gegen die Linie der CDU/CSU zur Senkung von Steuern durchgesetzt. Außenminister Joschka Fischer rettete nicht nur Schröder, sondern wurde auch zu einer der interessantesten Figuren in der deutschen und europäischen Politik.“ El País, Madrid
„Als Schröder die antiamerikanische Karte zog, spielte er Vabanque. Denn nachdem er so klar Position bezogen hatte, begannen die USA seinen Gegenspieler zu unterstützen. (...) Doch die verärgerten Reaktionen aus Washington trugen nur zur Klarheit des Experiments bei und verwandelten die deutsche Wahl in ein Referendum für oder gegen die US-Politik. Die Ergebnisse dieser Abstimmung sind für Washington äußerst unangenehm.“ Kommersant, Moskau
„(...) Die Grünen haben im Sog ihres überaus populären Spitzenkandidaten einen sensationellen Wahlsieg errungen. (...) Das ist vielleicht weniger ein Plädoyer für einzelne grüne Programmpunkte als vielmehr ein Votum für ein originelles Korrektiv. (...)“ Basler Zeitung, Basel
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