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Gib ihm Saures

Bald ist es soweit: Big Vito, Dough „The Anarchist“ William, Cannonball Grizley oder Wildcat Brookside und viele andere Catcher kommen, kämpfen und lassen ihre Muskeln spielen

Im Dezember wirddie Bürgerweidewiederzur WürgerweideIn Hannoverfließen Blut, SchweißundBier vom Fass

„Ach wie war es doch vordem/in Bremen zur Adventszeit so bequem...“ Niemand musste sich in den 80er und 90er Jahren vorm Fest der Liebe höchstpersönlich in Raufhändel begeben, um seine Aggressionen biodynamisch-energetisch zu bearbeiten, denn in der Stadthalle auf der Bürgerweide trafen sich die schönsten und stärksten Männer dieser Welt, um beim Catch-Turnier dem Affen Zucker und dem Gegner Saures zu geben.

Stellvertretend für uns alle leisteten Modellathleten wie Giant Haystacks und Otto Wanz, Fit Finlay, Indio Guajaro, August Smisl und sonstige Vertreter des internationalen Profi-Ringkampfs ihr Bestes. Dabei frenetisch umjubelt von einem Publikum, das sich aus den Edelsten dieser Stadt zusammensetzte und so liebenswerte Persönlichkeiten wie Präsident Dr. Dieter Klink, Bernd E. Neumann, Klaus & Klaus, Martin Globisch, Volker Kröning, Margot Walter und den Schreiber nicht nur dieser Zeilen einschloss.

Immer mehr Schicki und immer mehr Micki aus der hochsubventionierten Eventkultur forcierte den Niedergang dieser kollektiven Körperarbeit, die stets um den Buß- und Bettag herum begann. Bezeichnend, dass das Ende der großen Wrestling-Ära Bremens mit der Abschaffung des Büßens und Betens als offizieller Feiertag zusammenfiel, denn diese sublimen Formen der Charakterbildung gelten dem Prosecco-Pack der Planer und Wirtschafsförderer rein gar nichts.

Jetzt aber naht die Wende! Im Dezember dieses Jahres wird die Bürgerweide wieder zur Würgerweide. Die European Wrestling Promotion, die noch bis übermorgenauf dem hannoverschen Schützenplatz für explosive Stimmung sorgt, rückt mit der exquisiten Riege ihrer ausgewiesenen Schurken und Helden im eigenen Zirkuszelt an, um an die große Tradition der Bremer Catchturniere anzuknüpfen: „Die bis zu hunderttausend Menschen, die damals während des Turniers in die Halle strömten, liegen ja nicht alle auf dem Riensberger Friedhof“, wehrt Mitveranstalter Christian Eckstein Bedenkenträger ab, die am Publikumszuspruch zweifeln.

Dass die Wrestler nicht in CieCieBie und Messehallen lostoben, kann der Fachmann nur begrüßen: schließlich klingt der Gladiatorenmarsch im Chapiteau viel authentischer als zwischen Stahlbeton und Parkettboden.

Für Bremen werden unter anderem Stars wie „Big Vito“, Dough „The Anarchist“ William, Cannonball Grizzly, James Mason, Wildcat Brookside und Kenny Cabrero gemeldet und vielleicht gibt es auch ein Wiedersehen mit alten Recken wie Eddy Steinblock, Colonel Brody und Tony St.Clair.

Wer nicht mehr bis zum Dezember warten will: In Hannover fließen Blut, Schweiß und Bier vom Fass bis einschließlich 28.September täglich ab 20 Uhr auf dem Schützenplatz. Gleich nebenan wogt das Oktoberfest der Niedersachsen – vielleicht trifft man sich ja bei der Schweinshaxe danach! UrDrü

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