piwik no script img

Neuwahlen im Norden?

Landeswahlgesetz Schleswig-Holstein teilweise verfassungswidrig: OVG Schleswig hält Befreiung des SSW von Fünf-Prozent-Hürde nur im Norden des Landes für rechtmäßig

Die Befreiung des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) von der Fünf-Prozent-Sperrklausel bei Wahlen gilt nur für den Landesteil Schleswig. Diese Auffassung vertritt das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Schleswig. Das Gericht beschloss zugleich, eine endgültige Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht (BVG) einzuholen (Az.: 2 K 2/01).

Das OVG vertritt die Auffassung, die seit 1955 geltende Befreiung des SSW von der Sperrklausel gelte nur für den Landesteil Schleswig. Zwar sei es verfassungsgemäß, den SSW als Partei der dänischen Minderheit von der Fünf-Prozent-Hürde zu befreien, diese Ausnahme dürfe jedoch „nur so weit gehen, als sie zur Erreichung des durch die Verfassung legitimierten Zieles erforderlich ist“. Deshalb sei eine Befreiung von der Sperrklausel im Landesteil Holstein nicht erforderlich, „da die dänische Minderheit im Landesteil Schleswig ansässig ist“. Im südlichen Landesteil also müsse sich der SSW „dem Wettbewerb der Parteien wie jede andere Partei“ stellen“.

Der SSW reagierte überrascht auf die OVG-Entscheidung. „Minderheitenschutz darf nicht auf ein Minimum reduziert werden“, betonten Parteivorsitzende Eichhorn und die Vorsitzende der dreiköpfigen SSW-Landtagsgruppe, Anke Spoorendonk. Sie erklärten, es sei ja erst durch das 1997 – im Übrigen gegen den Widerstand des SSW – eingeführte Zweitstimmenrecht möglich geworden, die Minderheitspartei über eine Landesliste auch im Holsteinischen zu wählen.

Bei der Landtagswahl im Jahr 2000 waren dennoch allein in Holstein einige Tausend der insgesamt rund 60.000 Zweitstimmen auf den SSW entfallen. Dadurch hatte dieser einen dritten Landtagssitz erhalten. Sollte das BVG die Auffassung des OVG übernehmen, wäre das Landeswahlgesetz ungültig und es müsste voraussichtlich ein neuer Landtag gewählt werden. dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen