Papa Lemke und seine Kinder: Uni-Start: Wie der Wissenschaftssenator seine Erstsemester begrüßte
„Hamwer denn c.t. eingeladen oder s.t.?“ Irritiert blickt Willi Lemke um Punkt Elf ins leere Rund des Großen Hörsaals in der „Keksdose“. Nicht einmal vierzig der rund 4.000 Erstsemester haben sich dorthin verloren. Der Herr Wissenschaftssenator habe gebeten, mit den Studienanfängern „ganz persönlich“ zu reden, sagt Unipräsident Wilfried Müller – und verabschiedet sich umgehend. Sorry, Termine. Und Bühne frei für Willi Lemke. Er wolle etwas „über Ihre Erwartungen und Probleme“ erfahren, sagt Lemke – um sogleich zu einem halbstündigen Referat anzuheben. Damit der studentische Nachwuchs schon mal lernt, wie an der Uni gespielt wird.
„Sie haben jetzt eine herrliche Zeit vor sich, genießen Sie die Freiheit“, jubelt Lemke dem ihn unsicher beäugenden Auditorium zu und breitet wehmütig Erinnerungen an seine eigene Studienzeit aus. Irgendwann verlässt der Senator allerdings seinen jovialen Vertrauenslehrer-Tonfall, seine Stimme wird scharf und beinahe autoritär. Der Tod der Freiheit sei die Beliebigkeit, und deswegen erteilt Papa Lemke ganz lieb gemeinte Anweisungen: Zielorientiert arbeiten! Flexibel und mobil sein! Teamfähig sein, anstatt Ellenbogen einzusetzen! Praktika machen! Ins Ausland gehen! „Unglaublich wichtig“ sei es auch, „mehrsprachige Kompetenzen“ aufzuweisen. Dumm nur, dass man dem Senator just die fremdsprachige Vokabel „Baccalauréat“ ins Manuskript geschrieben hat, die er trotz mehrmaligem Anlauf nicht korrekt über die Lippen bringt. „Was für ein schrecklicher Begriff“, klagt er – und sagt dann einfach „Bachelor“.
Schließlich darf doch noch diskutiert werden: Der AStA-Vertreter nutzt das Angebot und verwickelt Lemke in eine Debatte über Studiengebühren. Ein Studienkontenmodell soll wohl kommen, so in zwei bis vier Jahren, windet sich der Politiker. Der AStA-Mensch findet das Modell schlecht. Der Uni-Alltag hat wieder begonnen. jox
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